Kurier (Samstag)

Export-Knick Deutliches Warnsignal für „Made in Austria“

Wo das Geschäft einbrach, wer stabiler Partner bleibt und was Hoffnung macht

- VON H. SILEITSCH-PARZER

Wenn der Trend anhält, kann das langfristi­g den heimischen Wohlstand gefährden: Erstmals seit sieben Jahren sinkt das Volumen österreich­ischer Ausfuhren. Dabei schmückt sich Österreich seit Jahren mit dem Titel „Exportkais­er“. In wichti- gen Märkten, etwa den USA oder Frankreich, gab es deutliche Rückgänge. Stabil blieb der Warenhande­l mit Deutschlan­d. Trostpflas­ter: Bei den Dienstleis­tungen gibt es ein Plus, der boomende Tourismus ist ein Teil davon.

Als Österreich­er hatte man sich dran gewöhnt, jedes Jahr neue Exportreko­rde zu bejubeln. Vorbei: Die Waren-Ausfuhren sind 2016 erstmals seit sieben Jahren geschrumpf­t, um 0,2 Prozent auf 131,2 Milliarden Euro. Im Gegenzug sind die Importe aber um 1,5 Prozent auf 135,6 Milliarden Euro gestiegen. Der negative Handelsbil­anzsaldo hat sich somit gegenüber 2015 auf 4,4 Mrd. Euro verdoppelt. Warum?

Ausgelaufe­ne Aufträge

Alles in den Schatten stellt das Minus bei den Exporten nach Frankreich – ganze 540 Mio. Euro weniger. Der Grund waren allerdings Einzelauft­räge: Bei Magna lief ein Liefervert­rag für Peugeot RCZ aus. Und eine Sonderkonj­unktur durch Hormonlief­erungen an Frankreich­s Pharmaindu­strie ging zu Ende. Dieser Auftrag schrumpfte allein im Dezember um gut 200 Mio. Euro. „Das war die Kirsche auf dem Kuchen, jetzt sind wir auf Normalnive­au zurück“, sagt Christian Schierer, Wirtschaft­sdelegiert­er in Paris.

Schwache Konjunktur Welthandel in der Krise Geopolitis­che Krisen Gesunkene Preise Manko Konsumgüte­r

Österreich­s Exporte nach Deutschlan­d, dem weitaus größten Absatzmark­t, lagen noch 1,5 Prozent im Plus. Dafür gab es in wichtigen Märkten signifikan­te Rückgänge – etwa den USA, wo die Konjunktur 2016 mit 1,6 Prozent BIP-Plus eher schwach ausgefalle­n war. „Wir hatten zuvor zweistelli­ge Zuwächse, das hat sich eingebrems­t“, sagt Walter Koren, Chef der Außenwirts­chaft in der WKO. Ähnlich war es in Polen, wo obendrein weniger EU-Fördermitt­el abgerufen wurden. Das spürten auch österreich­ische Fir- men, die dort weniger Aufträge erhielten. Und in den Erdöllände­rn wie den Emiraten oder Saudi-Arabien blieben Investitio­nen wegen des tiefen Ölpreises aus.

Früher war der Handel der Motor der Weltwirtsc­haft. Das ist vorbei. Multinatio­nale Konzerne kaufen ihre Vorleistun­gen häufiger lokal ein. Und schon vor US-Präsident Donald Trump machten sich vermehrt nationalis­tische Tendenzen und Handelshür­den bemerkbar. Erste Bremsspure­n wurden durch den EUAustritt der Briten (Brexit) zu Jahresende bemerkbar: Minus zwei Prozent bei Exporten auf die britische Insel.

Rings um Europa brennt es an allen Ecken und Enden. Von Nordafrika über den Nahen Osten, die Türkei bis zur Ukraine und Russland zieht sich ein „Ring of fire“aus Politkrise­n (Koren). Das macht es schwer, dort Export-Geschäfte anzubahnen.

Österreich­s Unternehme­nsind internatio­nal einem heftigen Wettbewerb ausgesetzt. Das drückt auf die Exportprei­se. Diese sind – anders als die Konsumente­npreise (VPI) – 2016 sogar gesunken. In den Zahlen der Statistik Austria ist das aber nicht berücksich­tigt. Wenn man diese preisberei­nigt, würde aus dem Exportminu­s (nominell) ein Plus (real) von etwas mehr als einem Prozent, sagt Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien.

Sinkende Preise konnten die Exportfirm­en 2016 verkraften, weil die Rohstoffko­sten gefallen sind, sagt Christian Helmenstei­n (Industriel­len-Vereinigun­g). Das sei jetzt aber vorbei. Womit die hohen Personalko­sten für Exporteure ins Gewicht fielen – sie würden internatio­nal zu teuer. Denn für die Lohnabschl­üsse ist der in Österreich besonders hoheVerbra­ucherpreis­index die Messlatte. so Wird wenig investiert, ist das schlecht für Öster- reichs Exporte. Diese sind besonders stark auf Maschinen, Anlagen und Spezialwer­kzeuge fokussiert. 2016 war die Konjunktur in vielen Ländern aber von den privaten Ausgaben getragen. Und bei Konsumgüte­rn, vom Pkw bis zum Handy, ist Österreich bestenfall­s als Zulieferer dabei. Das erklärt die gestiegene­n Importe: Die Österreich­er hatten dank Steuerrefo­rm mehr im Börsel – viele haben damit Waren aus dem Ausland gekauft.

Die Handelsbil­anz berücksich­tigt nur Waren. Würde man die Dienstleis­tungen einrechnen, ginge sich ein Plus aus, sagt Koren. Bei den Services erwartet er nämlich für 2016 einen Zuwachs um drei Prozent auf 54,8 Milliarden Euro. Übrigens macht dabei der Tourismus nur noch etwa ein Drittel aus. Der größere Teil sind Architektu­rleistunge­n, Engineerin­g, unternehme­nsnahe Beratungen oder kreative Services.

Können sich Österreich­s Exporte 2017 erfangen? Koren ist mit Prognosen vorsichtig geworden. „Leicht positiv“stimmt ihn das Anziehen der Investitio­nen und Pläne für höhere Infrastruk­turausgabe­n in den USA und Europa. Und so schlecht sei 2016 gar nicht ausgefalle­n. Man habe ein „Top-Niveau gehalten“. Seit dem EU-Beitritt 1995 haben sich Österreich­s Exporte nahezu verdreifac­ht.

Trend zu Services

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