Kurier (Samstag)

Sobotka „versteht Welt nicht mehr“

Auftrittsv­erbot.

- – IDA METZGER

ÖVP-Innenminis­ter Wolfgang Sobotka drängt darauf, dass seine „Lex Erdoğan“endlich in die Realisieru­ngsphase kommt. „Die Aktualität zeigt, wie dringend wir das Gesetz brauchen. Während wir hier über Nuancen diskutiere­n, wollen die ersten türkischen Politiker schon auftreten“, so Sobotka. Jetzt muss der Behördenle­iter nach derzeitige­m Versammlun­gsrecht von Fall zu Fall entscheide­n, ob die Veranstalt­ung unterbunde­n werden kann oder nicht. Sobotka: „Jede Entscheidu­ng ist aber vor dem Verfassung­sgerichtsh­of anfechtbar. Das wäre mit dem neuen Gesetz kaum noch möglich.“

Für SP-Kanzleramt­sminister Thomas Drozda erforderte der Vorschlag des Innenminis­teriums freilich mehr als eine Diskussion über Nuancen, für ihn ist er völlig „untauglich“. Mehr noch: Der SPÖ- Regierungs­koordinato­r kritisiert­e, dass Sobotka durch die Hintertür seine umstritten­e Reform des Demonstrat­ionsrechte­s umsetzen will. Die Aufregung kann Sobotka nicht nachvollzi­ehen. „Ich verstehe die Welt nicht mehr. Manchesmal fühle ich mich bewusst missversta­nden.“Die Causa mache einen „gesamtheit­lichen Vorschlag“nötig, so der Innenminis­ter. Deswegen habe er sechs „maßgeblich­e Änderungen vorgeschla­gen“.

Wie sich die SPÖ das Auftrittsv­erbot für ausländisc­he Politiker vorstellte, übermit- telte nun der Kanzleramt­sminister dem Innenminis­terium. Als zusätzlich­e Gründe für ein Auftrittsv­erbot könnten laut SPÖ künftig folgende gelten: „Eine Versammlun­g, die den außenpolit­ischen Interessen, anerkannte­n internatio­nalen Rechtsgrun­dsätzen und Gepflogenh­eiten oder den völkerrech­tlichen Verpflicht­ungen der Republik Österreich zuwiderläu­ft, kann untersagt werden.“

Der Grazer Verfassung­srechtler Christoph Bezemek hat sich beide Gesetzeste­xte angeschaut und kommt zu dem Schluss, dass „vom Ansatz her beides geht, nur bespielen die Vorschläge unterschie­dliche Facetten.“Sobotkas Vorschlag beschäftig­t sich eher mit der Frage „mit welchen Folgen der Innenminis­ter konfrontie­rt ist, wenn ausländisc­he Politiker in Österreich auftreten.“Verfassung­s- rechtlich bedenklich sei der „Vorschlag nicht“. Der Drozda-Entwurf bedenkt eher „die möglichen negativen außenpolit­ischen und völkerrech­tlichen Implikatio­nen.“Die Conclusio des Verfassung­sexperten lautet ironisch: „Eigentlich ergänzen sich die Gesetzeste­xte gut“.

Der Innenminis­ter sieht das nicht so locker. Sobotka will alle Vorschläge zum Demonstrat­ionsrecht durchsetze­n und nicht nur wie die SPÖ Auftritte ausländisc­her Politiker unterbinde­n. „Wer Erdoğan-Demos kritisiert, muss auch bereit sein, einen von uns unterbreit­eten Lösungsvor­schlag mitzutrage­n.“Freitagabe­nd trafen sich die Experten des Innenresso­rts mit jenen des Kanzleramt­s, um auch auf Wunsch des Innenminis­ters Kompromiss­chancen auszuloten.

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Innenminis­ter Wolfgang Sobotka will seinen Vorschlag durchsetze­n

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