Großer „Dirigent“des Verfassungsgerichtshofes ist tot
1940–2017.
Den ersten Takt geben und dann einfach spielen lassen – so verglich Karl Korinek einst seine Tätigkeit als Präsident des Verfassungsgerichtshofes mit der eines Dirigenten.
Der Liebhaber klassischer Musik ist am Donnerstag nach schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren gestorben. Korinek hatte sich bereits 2008 wegen Herzproblemen von seiner Spitzenfunktion zu- rückgezogen. In seine Amtszeit fielen einige der entscheidensten Judikaturen des VfGH, immerhin wirkte er als Verfassungsrichter an mehr als der Hälfte der Entscheidungen seit der Gründung des Gerichtshofes 1919 mit. Juristisch schwierige Aufgaben hätten ihm eine „besondere Freude“gemacht – darunter fielen die Bewältigung des EUBeitritts und die Causa Kärnt- ner Ortstafel. An der Seite des damaligen Verfassungsgerichtshofchefs Ludwig Adamovich, dem er 2003 nachfolgte, musste er heftige blauorange Angriffe einstecken, was für ihn „keine besonders dauerhafte Erfahrung“war, wie er einmal sagte.
Korinek war auch nach Ende seiner Amtszeit ein lauter Kritiker des seiner Ansicht nach schlechten Zustands der Gesetzgebung und der Verwaltung. Korinek plädierte immer wieder für eine Einschränkung der Briefwahl und war Gegner der Vorratsdatenspeicherung, die 2014 von EuGH und VfGH aufgehoben wurde.
Weltanschaulich war er im konservativen Lager verankert – sein Vater Franz Korinek war 1963 für ein Jahr ÖVP-Finanzminister. Karl Korinek legte nach seiner Berufung zum Präsidenten aber seine ÖVP-Mitgliedschaft zurück.
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner würdigt den verstorbenen Top-Juristen als „starke Stimme des Verfassungsrechts“, SPÖ-Klubchef Andreas Schieder als Präsidenten, der durch „Unabhängigkeit und fachliche Qualität Respekt von allen Seiten“bekommen habe.