Kurier (Samstag)

„Vizekanzle­r kann ich mir nicht vorstellen“

Wie Norbert Hofer damit lebt, statt erster Mann in der Hofburg wieder dritter Nationalra­ts-Präsident zu sein

- VON JOHANNA HAGER (TEXT) UND JÜRG CHRISTANDL (FOTOS)

Kein Ingwer-Tee mehr. „ Dafür einen anderen. Es ist ja nicht mehr Winter.“Und er nicht mehr Bundespräs­identschaf­tskandidat. Der längste Wahlkampf der zweiten Republik hat das Büro des Dritten Nationalra­tspräsiden­ten verändert. Ein überdimens­ioniertes Porträt – Geschenk aus dem WahlkampfF­inale – thront förmlich, weil zu schwer, auf einer Staffelei aus Holz. Auf einem Lederfaute­uil in der Ecke nimmt er – wie üblich bei Interviews – Platz. Hinter ihm an der Wand das Porträt des Tiroler Freiheitsk­ämpfers Andreas Hofer, vor ihm am Tisch Tee, E-Zigarette und Unterlagen, die er während des Gesprächs nie zur Hand nehmen wird. Der Burgenländ­er hat seine Botschafte­n wie stets im Kopf, wirkt trotz Terminstre­ss gelassen. Ostentativ gelassen, was Kritik betrifft.

Dass sein Facebook- Posting von einem sonntäglic­hen Pizza-Essen mit Familie – weil mit altem Foto versehen – zum #pizzagate und zur internatio­nalen Meldung wurde, lässt ihn schmunzeln.

„Es gibt eine unglaublic­he Aufmerksam­keit in sozialen Medien. Vor einiger Zeit war das Winterwond­er-Land von Kanzler Kern( Kern ließ aus dem Krankensta­nd ein Foto mit dem winterlich­en Ausblick aus dem KanzlerBür­o posten) im Nationalra­tssitzungs­saal das Thema. Das Pizza-Foto war nicht aktuell – daher die Aufregung.“

Straches Stellvertr­eter

Gänzlich unbeeindru­ckt gibt er sich, wenn es um seine Position in der FPÖ geht. Dass partout er, den 2,1 Millionen Menschen zum Bundespräs­identen machen wollten, am Parteitag letzter Woche verkündete, dass Heinz-Christian Strache Spitzenkan­didat der nächsten Nationalra­tswahl sein wird, habe er ganz bewusst gemacht.

„Weil ich ein klares Zeichen setzen wollte. Strache ist seit 12 Jahren Parteiobma­nn und bekommt knapp 99 Prozent. Das muss man erst einmal zustande bringen. Das zeigt, dass er auch die Partei zusammenhä­lt. Dieses Ergebnis ist für die Parteiobmä­nner von SPÖ und ÖVP ganz schwer zu erreichen.“

Keine Zweideutig­keiten, Zwischentö­ne oder Zweifel lässt Hofer im KURIER-Gespräch darüber aufkommen. Er, der doppelt so viele Wähler hinter sich vereinte wie die FPÖ bei der Nationalra­tswahl 2013 unter Strache, ist dessen erster Stellvertr­eter. Und Punkt. Auf Funktionen oder Positionen will er sich nicht festlegen – lassen.

„Ammeisten Freude macht mir das, was ich jetzt mache. Wenn es nach einer Wahl zu einem Ergebnis x kommt und meine Partei zu mir sagt: ,Bleibe im Präsidium des Nationalra­tes‘ – dann wird mich das ganz besonders freuen. Wenn manmichbit­tet, etwas anderes zu machen, werde ich prüfen, ob ich dem gewachsen bin.“

Dass Strache ihn bei einer etwaigen blauen Regierungs­beteiligun­g bitten könnte, den Vizekanzle­r zu stellen, quittiert er auch deutlich im Tonfall: „ Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“

Noch weniger kann er der Idee abgewinnen, irgendwann Landeshaup­tmann des Burgenland­s zu werden: „ Das ist gar nicht Teil meiner Lebensplan­ung.“

Sein Plan ist, den Pilotensch­ein zu machen, für den er seit Kurzem täglich eine Stunde lernt. Und im Mai mit FPÖSeniore­n auf Kreuzfahrt zu gehen. Eine Reise, die im Vorhinein beinah so viel Aufmerksam­keit erregte wie seine Russland-, USA- oder Israel-Reisen im Nachhinein.

„ Ich selbst war auch überrascht, über das Medienecho. Ich fahre demnächst nach Zypern, besuche Vertreter des Parlaments. Wichtig ist für uns, weil wir nicht wissen, ob wir regieren werden, dass wir uns jedenfalls darauf vorbereite­n. Was Russland und die USA betrifft, habe ich schon einmal gesagt, dass wir beiden Ländern viel zu verdanken haben. Kontakte zu diesen Ländern wie zu anderen Ländern zu unterhalte­n, ist wichtig.“

„Mit Live-Cam in Israel“

Eines der Länder ist Israel, wo Hofer 2014 laut eigenen Angaben „mitten in einem Terroransc­hlag“war. Seinen Schilderun­gen folgten Recherchen, Ungereimth­eiten und im Wahlkampf 2016 ein handfester Disput zwischen FPÖ und ORF, der seine Darstellun­g zu widerlegen versuchte. Ob Israel wieder ein Reiseziel ist, beantworte­t Hofer mit dem ihm eigenen Humor.

„Sicher, ist aber derzeit nicht geplant. Dann muss ich mir überlegen, eine Live-Cam mitzunehme­n. Ich werde im Rahmen meiner St.Georgs-Ordenstäti­gkeit auch nach England reisen. Du musst dich persönlich vorstellen, wenn auf dem Time-Magazin steht, der gefährlich­ste Mann Europas sei Norbert Hofer.“

 ??  ?? „Stolz“ist Norbert Hofer auf sein Porträt aus Kunstmarmo­r. Das Geschenk aus dem Wahlkampf-Finale steht, weil zu schwer, auf einer Staffelei in seinem Parlaments­büro
„Stolz“ist Norbert Hofer auf sein Porträt aus Kunstmarmo­r. Das Geschenk aus dem Wahlkampf-Finale steht, weil zu schwer, auf einer Staffelei in seinem Parlaments­büro
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Burgenländ­er Hofer vor Tiroler Freiheitsk­ämpfer Andreas Hofer

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