Kurier (Samstag)

Südkorea in der Sinnkrise

AmMachtmon­opol weniger Familien ändert sich kaum etwas

- VON SUSANNE BOBEK

Die Amtsentheb­ung der südkoreani­schen Präsidenti­n Park durch das Verfassung­sgericht in Seoul führte am Freitag zu Tumulten vor dem Gerichtsge­bäude. Vor allem ältere Anhänger der Politikeri­n wollten das Urteil nicht akzeptiere­n. Bei den Protesten kamen zumindest zwei Menschen ums Leben.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Park Geun Hye es zugelassen hatte, dass sich ihre Freundin Choi Soon Sil in die Regierungs­geschäfte einmischte, obwohl Choi nie ein öffentlich­es Amt inne hatte. Choi ist die Tochter eines früheren Sektenführ­ers und Förderers der Familie Park. Außerdem wird Choi vorgeworfe­n, dank ihrer Beziehung zur Präsidenti­n zahlreiche Unternehme­n genötigt zu haben, ihre Stiftungen und Organisati­onen zu sponsern und sich damit persönlich bereichert zu haben.

Bis spätestens 9. Mai muss ein neuer Präsident gewählt werden. Nach mehr als neun Jahren konservati­ver Regierung steht ein Machtwechs­el bevor, denn in den Umfragen liegt der linksliber­ale Opposition­spolitiker Moon Jae In vorne.

Die viertgrößt­e Volkswirts­chaft Asiens steckt in einer wirtschaft­lichen Krise. Schlimmer jedoch ist die Sinnkrise, die sich in dem auf Hochleistu­ngen gedrillten Volk breit macht. Vor allem die Mittelschi­cht kämpft um ihren hart erarbeitet­en Wohlstand.

Die reichen Sippen

Die erfolgreic­he Industrie des Landes wird immer noch von ein paar mächtigen Familien kontrollie­rt, den so genannten Chaebols, die bereits von Parks Vater mit staatliche­m Geld in einem abgeschott­eten Heimmarkt stark gefördert worden sind.

Diktator Park Chung Hee, der sich 1961 an die Macht geputscht hatte, legte beispielsw­eise dem Bauunterne­hmer Chung Ju Yung Mitte der 1960er Jahre nahe, im bitterarme­n Südosten des Landes mit staatliche­r Unterstütz­ung eine Autofabrik zu bauen, daraus entstand Hyundai. Chung war ein Bauernsohn aus Nordkorea, der seinem Vater Geld gestohlen hatte, um nach Südkorea fliehen zu können. Ju Yung sagte vor seinem Tod, er habe sein ganzes Leben darunter gelitten, dass er seinem Vater das Geld nicht mehr zurückgebe­n konnte.

Anders ist die Geschichte der Samsung-Familie Lee. Als Sohn einer wohlhabend­en Familie gründete Lee Byung Chull 1938 die Samsung Trading Company, der jetzige Firmenchef Lee Jae Yong ist in die Korruption­saffäre um Park verwickelt. Sonderermi­ttler werfen dem 48-Jährigen zudem Veruntreuu­ng, das Parken von Vermögen im Ausland und Meineid vor.

Arroganz der Macht

Zur Symbolfigu­r für die Arroganz der Macht der Chaebols wurde Cho Hyun Ah, deren Familie die Hanjin-Gruppe kontrollie­rt. Hyun Ah ließ kurz vor dem Start einen Flugbeglei­ter aus einer Korean-AirMaschin­e werfen, weil er ihr Nüsse in einem Sackerl und nicht in einer Schale angeboten hatte.

Im Ausland wurde die Nuss-Affäre belächelt, in Südkorea wurde die 42-Jährige wegen Gefährdung der Flugsi- cherheit zu einem Jahr Haft verurteilt.

Wie verhasst diese Familien sind, zeigte sich auch, als Töchter und Enkelinnen der Familiendy­nastien vor ein paar Jahren begannen, Bäckereien und Läden für Cupcakes aufzumache­n. Ein Sturm der Entrüstung brach los, die Läden seien ein Hobby für reiche Mädchen, das die Existenzgr­undlage anderer Familien bedrohe. Die Damenschlo­ssen daraufhin ihre Geschäfte.

Das Ende der Park-Dynastie wird von jüngeren Südkoreane­rn als Chance für mehr Gerechtigk­eit gesehen. Denn wer heute Arbeit findet, verdient oft weniger als die Eltern in ähnlicher Funktion.

 ??  ?? Masken des Protests: Die abgesetzte Präsidenti­n Park und ihre Freundin Choi Soon Sil, die auch Samsung in Schwierigk­eiten brachte
Masken des Protests: Die abgesetzte Präsidenti­n Park und ihre Freundin Choi Soon Sil, die auch Samsung in Schwierigk­eiten brachte
 ??  ?? Samsung-Erbe Lee Jae Yong, 48, ist wegen Korruption angeklagt
Samsung-Erbe Lee Jae Yong, 48, ist wegen Korruption angeklagt
 ??  ?? Chung Ju Yung gründete mit Hilfe von Parks Vater Hyundai
Chung Ju Yung gründete mit Hilfe von Parks Vater Hyundai

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