Kurier (Samstag)

„Österreich­ische Interessen wahren“

Top-Managerin Brigitte Ederer warnt vor ausländisc­hen Übernahmen wichtiger Unternehme­n

- VON ANDREA HODOSCHEK

„Es nützt nichts, einen Verkauf nur zu verbieten, man muss eine Alternativ­e anbieten.“

KURIER: Finanzmini­ster Schelling hat Ihnen vorgeworfe­n, sich in der Diskussion um die Unternehme­n mit Staatsbete­iligung wichtig zu machen. Brigitte Ederer: Dann mache ich mich jetzt wirklich einmal wichtig (lacht). Sie sorgen sich um Unternehme­n, die an ausländisc­he Eigentümer­n verkauft werden?

Ja. In den nächsten Jahren könnten etliche Unternehme­n übernommen werden, die von gesellscha­ftspolitis­cher oder volkswirts­chaftliche­r Bedeutung für Österreich sind. Wir brauchen einen Strukturfo­nds, der sich gemeinsam mit der Politik überlegt, welche Unternehme­n wichtig für Österreich sind. Warum glauben Sie, dass solche kritischen Übernahmen bevorstehe­n?

Banken und Versicheru­ngen werden wegen der Eigenkapit­alvorschri­ften in den nächsten Jahren Unternehme­nsbeteilig­ungen abstoßen. Leipnik Lundenburg­er, Agrana und Molkereien beispielsw­eise sind aber Grundverso­rger mit Nahrungsmi­tteln. Die Industrie-Managerin Brigitte Ederer sorgt sich ausgerechn­et um Molkereien?

Dann ist’s nichts mehr mit „natürlich“. Milch von holländisc­hen Großmolker­eien ist nicht giftig, aber der Zugang dieser Unternehme­n ist die industriel­l produktive Fertigung. Aber wenn man zum Schluss kommt, Molkereien sind nicht im österreich­ischen Kernintere­sse, ist es mir auch recht. Oder denken Sie an die voestalpin­e. Die Oberbank hält knapp acht Prozent, die Raiffeisen­landesbank OÖ 14 Prozent. Zudem sterben viele Stiftungsg­ründer langsam weg und es kommt eine Generation, die Geld sehen will. Die kein Interesse am Unternehme­n hat?

Die nächste Generation hat sehr oft einen anderen Zugang und keine emotionale Bindung zum Unternehme­n. Da hat die Tochter/der Sohn zum Beispiel Medizin stu- diert nicht trieb. Welche ausländisc­hen Käufer fürchten Sie?

Die Chinesen sind auf Einkaufsto­ur in Europa. Wird die chinesisch­e Bedrohung nicht übertriebe­n?

Keineswegs. In der letzten Zeit haben mir vier mittelstän­dische Unternehme­r erzählt, dass sie dauernd von Chinesen kontaktier­t werden, ob sie ihr Unternehme­n verkaufen wollen. Bevor tatsächlic­h verkauft wird, könnte sich der Österreich-Fonds einschalte­n. In den USA gibt es eine Behörde, die prüft, ob Übernahmen ein Sicherheit­srisiko darstellen. Sie denken an die gescheiter­te Übernahme des amerikanis­chen Halbleiter-Spezialist­en Wolfspeed durch Infineon?

Der Verkauf war schon ausgemacht, aber aus nationalen Sicherheit­sgründen gab es Widerspruc­h. Daraufhin wurde die Übernahme abgesagt. Eine solche Behörde hat Öster- und für interessie­rt sich den Familienbe- Brigitte Ederer Ex-Politikeri­n und Managerin reich als kleines Land nicht. Aber wir haben ein Außenwirts­chaftsgese­tz, das vor mehrheitli­chen Übernahmen außerhalb des EU-Raumes schützt.

Es würde formal schützen, kann allerdings durch Konstrukti­onen umgangen werden. Aber man muss eine Alternativ­e anbieten können. Unternehme­n verkaufen ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil sie Teile nicht mehr benötigen. Oder es geht der Muttergese­llschaft schlecht und sie verkauft ein Juwel. In Deutschlan­d wollte Kanzlerin Merkel die Übernahme des Roboterbau­ers Kuka verhindern, aber es fand sich kein deutsches Unternehme­n als Käufer. Nochmals: Es nützt nichts, einen Verkauf nur zu verbieten, man muss eine Alternativ­e anbieten. Wenn sich der Staat wieder in Unternehme­n einkauft, kommt sofort die Kritik an einer Verstaatli­chung.

Wennalle vernünftig bleiben, kann der Staat österreich­isches Eigentum absichern. Banken und Versiche- rungen könnten als Kapitalgeb­er des Fonds dazugescha­ltet werden. Kapital gibt es genug. Das wären dann indirekte Beteiligun­gen, die nicht diesen strikten Eigenkapit­alregeln unterliege­n. Sollte dieser strategisc­he Österreich-Fonds in die derzeitige Staatshold­ing ÖBIB eingebrach­t werden?

Wäre eine Möglichkei­t. Die ÖBIB hat keine Schulden mehr. Bei der derzeitige­n Zinslandsc­haft könnte die ÖBIB zu sehr günstigen Konditione­n erheblich Kapital aufnehmen. Dann kann man immer noch überlegen, die Unternehme­n an die Börse zu bringen. Derzeit aber wird einfach verkauft, ohne die österreich­ischen Interessen zu berücksich­tigen. Es dürfen nicht einfach Eigentumsä­nderungen passieren, über die sich zuvor niemand Gedanken gemacht hat. Die ÖVP wird Ihnen vorwerfen, Sie wollen das Rad der Zeit zurück drehen und wird mit dem Schreckges­penst der alten verstaatli­chten Industrie kommen.

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