Kurier (Samstag)

Smarte Stadt: Barcelona beteiligt Bürger statt Tech-Unternehme­n

Innovativ. Die Technik-Chefin will die digitale Strategie der Stadt komplett neu designen.

- VON BARBARA WIMMER

Die spanische Stadt Barcelona wurde lange Zeit als sogenannte „Smart City“vermarktet. Bis die neue Bürgermeis­terin Ada Colau i Ballano im Juni 2015 an die Macht kam. Die Aktivistin kam aus einer Bürgerbewe­gung, die Opfern der Immobilien­spekulatio­n gegen Zwangsräum­ungen half. Seither gilt die neue Stadtregie­rung offiziell als „Rebel City“. Anstatt dass große Technik-Konzerne die Infrastruk­tur kontrollie­ren, sollen Bürger beteiligt werden. Zuständig für die neue Digital-Strategie der Stadt ist Francesca Bria, die in Graz beim Elevate Festival über die neue Entwicklun­g der Stadt sprach. Der KURIER traf sie zum Gespräch. KURIER: Warum will Barcelona keine Smart City mehr sein? Francesca Bria: Bisher war Barcelona sehr stark in den Händen von Tech-Konzernen, die unsere Infrastruk­tur kontrollie­ren wollten. Die Daten würden dann ausschließ­lich bei den Tech-Firmen liegen. Wir wollen aber, dass sie den Bürgern gehören und zum öffentlich­en Gut werden. Meine Aufgabe ist es, die Technologi­e-Strategie der Stadt in diesem Sinne komplett neu zu denken. Wie genau will sich die Stadt verändern?

Wir wollen nicht von oben herab bestimmen, sondern Entwicklun­gen stärken, die direkt von den Bürgern ausgehen. Bürger können uns etwa via Social Media melden, wennsie in ihrem Umfeld Korruption mitbekomme­n. Wir setzen auf OpenData, also auf die freie Verfügbar- und Nutzbarkei­t von öffentlich­en Daten. Was haben Sie neben Open Data noch für Konzepte?

Wir wollen auch gezielt sogenannte MakerSpace­s und lokale Gemeinscha­ften fördern. Das sind Plätze, in denen Menschen Gebrauchte­s oder Weggeworfe­nes als Quelle und Inspiratio­n für neue Wertschöpf­ung nutzen können und wo sie ihr handwerkli­ches Know-how in kreativen Ideen vereinen. Gleichzeit­ig mit dem berühmten Sonar-Musik-Festival ist 2017 auch eine MakerFaire geplant. Barcelona hat doch sicher Verträge mit den Tech-Firmen abgeschlos­sen, die sich nicht einfach rückgängig machen lassen?

Das ist auch nicht das Ziel. Wir wollen die Stadt nicht blockieren oder gar unbewohnba­r machen, in dem wir Verträge auflösen. Wir wollen aber langfristi­g einen Umbruch erzielen. Wir investiere­n jetzt zum Beispiel nur noch Geld in neue Technologi­en, bei denen wir aktiv mit- bestimmen können, was in den Verträgen drin steht. Was genau soll in den Verträgen drinnen stehen?

Bei öffentlich­en Daten, die im Zuge der Stadtentwi­cklung erhoben werden, soll vermerkt werden, dass die Daten ein öffentlich­es Gut sind und nicht dem Unternehme­n alleine gehören. Bei personenbe­zogenen Daten achten wir darauf, dass diese durch Verschlüss­elung besonders gut geschützt sind, damit sie in den Händen der einzelnen Personen bleiben. Worin liegt für Sie die größte Herausford­erung?

Was wir vorhaben, mag simpel klingen. Aber den Weg zu verändern, wie wir mit Daten umgehen und diese zum öffentlich­en Gut zu machen, wird nicht einfach. Derzeit besitzt nicht die Allgemeinh­eit die Datenhohei­t, sondern Monopole wie Google oder Facebook. Wie kann das funktionie­ren?

Wir schließen uns mit anderen rebellisch­en Städten wie Paris und Rom zusammen, um den Grundsatz von Open Data in den jeweiligen Strategiep­apieren zu verankern. Um Monopole zu bekämpfen braucht es aber freilich mehr Allianzen.

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Barcelona hat seit Juni 2015 eine neue, sozialisti­sche Stadtregie­rung. Diese setzt jetzt andere Schwerpunk­te bei der Digitalisi­erung
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