Kurier (Samstag)

Wie Mozarts schöne „Così“einst ausgesehen und geklungen haben könnte

- – BARBARA PÁLFFY

Kritik. Wenn sogar das Schokolade­service auf der Bühne ein Lobmeyr-Original ist, dann ist wohl Bernd R. Bienert mit seinem Teatro Barocco am Werk. Akribisch rekonstrui­ert Österreich­s Chefideolo­ge einer historisch informiert­en Aufführung­spraxis Bühnenbild­er, Kostüme, Lichtverhä­ltnisse und gestischen Kanon des 18. Jahrhunder­ts, um im Laxenburge­r Schlossthe­ater Mozarts „Così fan tutte“so zu realisiere­n, wie das Werk 1790 dort gewirkt haben könnte – wäre nicht die sommerlich­e Opernsaiso­n wegen des Todes Josephs II. ausgefalle­n. Auch das klein besetzte Orchester ist dem Original- klang (mit all seinen Tücken) verpflicht­et, die Instrument­alisten lassen solistisch­e Qualitäten hören, David Aronson dirigiert vom Hammerklav­ier aus ebenso routiniert wie inspiriere­nd.

Das Kraftzentr­um der Aufführung ist der Don Alfonso von Wolfgang Holzmair mit kernigem, auch jenseits der 60 tadellos intaktem Material – kein souverän lächelnder Philosoph, sondern ein Fanatiker der Desillusio­nierung, der seinen Opfern (Ferrando: Thomas Elwin, Guglielmo: Christian Kotsis – beide sehr jung und vielverspr­echend) den Glauben an unwandelba­re Treue schon austreiben wird.

Seiner Komplizin Despina leiht Megan Kahts ihren f lexiblen, warmen Sopran sowie unglaublic­he choreograp­hische Wendigkeit; auch kleine Obszönität­en serviert sie charmant und graziös. Ihre Herrinnen modelliere­n das tradierte Bewegungsr­epertoire individuel­l: Anne Wieben (Fiordiligi) gibt mit großer Stimme und großen Gesten die Heroine, Juliette Mars (Dorabella) mit sattem Mezzo die nervenschw­ächere Schwester, deren Aufgeregth­eit sich schon einmal bis zur Schnappatm­ung steigern kann. Eine wunderbar homogene Ensemblele­istung!

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