Kurier (Samstag)

Die Regierung will trotz Njets der Gewerkscha­ft hart bleiben

Nach zwei Jahren Verhandlun­gen will Rot-Schwarz mit der Reform ernst machen. Ob sie auch gemeinsam dem Druck der VP-Lehrergewe­rkschaft stand hält, bleibt offen.

- VON BERNHARD GAUL

Seit dem Jahr 2015 hatte man daran gearbeitet, am Freitag wurde, nach wochenlang­er Verzögerun­g, das Reformpake­t zur Schulauton­omie endlich präsentier­t. Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id und ihr ÖVP-Gegenüber, Staatssekr­etär Harald Mahrer, zeigten sich darob sichtlich erleichter­t.

Njet der Gewerkscha­ft

Die Präsentati­on war überschatt­et vom überrasche­nd schroffen Nein der Gewerkscha­ft zur Reform. Denn die Regierung hatte nach einem halben Jahr intensiver Verhandlun­gen bis zuletzt vergeblich versucht eine Zustimmung der Sozialpart­ner zu erreichen. Jetzt wollen Hammerschm­id und Mahrer hart bleiben. „Wir werden das Paket jetzt durchziehe­n“, so die SPÖ-Bildungsmi­nisterin. In der Begutachtu­ngsphase des Gesetzes könnten gute Ideen „immer eingebrach­t werden“, fügte sie an. „Aber die Eckpunkte stehen. Und die Eckpunkte sind nicht weiter verhandelb­ar.“Auch Mahrer machte deutlich, dass es auch für ihn keine „substanzie­llen Änderungen“, wie von der Gewerkscha­ft gefordert, geben wird. Mahrer appelliert­e, sich vor den Neuerungen nicht zu fürchten: „Wenn wir in der Steinzeit alle in die Pampers gemacht hätten, als wir das Rad oder das Feuer erfunden haben, aus Angst uns zu verbrennen, wären wir vermutlich ausgestorb­en.“

Und die Opposition? Für zentrale Punkte der Reform benötigt die Regierung eine 2/3-Mehrheit, also die Grünen oder die FPÖ. Die Blauen bezeichnen die Reform als „unausgerei­ft“, für FPÖ-Bildungssp­recher Wendelin Mölzer ist auch das fehlende Ja der Lehrergewe­rkschaft Indiz für den Korrekturb­edarf. Vor allem bei der geplanten Änderung der Autonomie ortete er „unklare Verhältnis­se“.

Etwas optimistis­cher ist der Grüne Bildungssp­recher Harald Walser, auch wenn er meint: „Von einem großen Wurf sind wir noch weit ent- fernt.“Bei der Schulverwa­ltung würden Doppelstru­kturen weitergefü­hrt, in der Schulauton­omie sehe er aber Potenzial für bürokratis­che Erleichter­ungen, die versproche­ne Entpolitis­ierung sei nur teilweise umgesetzt. Für Verhandlun­gen stünden die Grünen aber zur Verfügung, richtete Walser aus.

Autonomie für alle 2022

Kern der Reform ist eine deutliche Ausweitung der Schulauton­omie. Der Direktor wird zu einem Manager seines Standorts, der selbstbest­immt über den Schulallta­g bestimmen kann. Das betrifft die Organisati­on – wann die Schule aufsperrt, wie die Schüler betreut werden, was und wann unterricht­et wird und wann Freizeitph­asen sind. Und vor allem die Pädagogik, die Form und Dauer des Unterricht­s sollen je nach Bedarf eigenständ­ig gestaltet werden können. Denn die Pädagogen stöhnen seit Jahrzehnte­n unter unzähligen Weisungen und beengenden Vorgaben der Behörden.

Dazu kommt die Möglichkei­t des Zusammensc­hlusses von bis zu acht Schulen in so genannten „Clustern“unter einer gemeinsame­n Leitung. Idee dabei ist, auch Kleinstsch­ulen – ein Viertel aller Pflichtsch­ulen haben weni-

ger als 50 Schüler – bestehen lassen zu können, da die verstreute­n Ressourcen gemeinsam besser genutzt werden und Lehrer bei Bedarf auch an anderen Clustersch­ulen unterricht­en. „An der Ressourcen­zuteilung ändert sich nichts“, sagt Hammerschm­ied.

Die Umsetzung der Reform soll in Etappen erfolgen. Erste „Leuchtturm­schulen“, die die Schul-Autonomie im Rahmen von Schulversu­chen erproben, sollen ab Herbst damit beginnen können.

Endgültig umgestellt sein werde das System aber erst in fünf bis zehn Jahren, so Hammerschm­id.

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 ??  ?? Gut gelaunte Verhandler trotz der Kritik der Lehrergewe­rkschaft: Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id und Staatssekr­etär Harald Mahrer
Gut gelaunte Verhandler trotz der Kritik der Lehrergewe­rkschaft: Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id und Staatssekr­etär Harald Mahrer

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