Ein „Nicht Genügend“vom Ex-Rechnungshof-Chef: „Nichts wurde gelöst“
Josef Moser. Im KURIER-Interview stellt der Verwaltungsexperte der Bildungs-Reform ein vernichtendes Zeugnis aus: „Für mich steht eine Schulreform nach wie vor aus“
Die skurrilste Bestimmung im Entwurf zur Bildungsreform hat Josef Moser, Präsident vom Thinktank EcoAustria und zwölf Jahre lang Präsident des Rechnungshofes, schon gefunden. Darin steht, dass der bestellte Präsident der neuen Bildungsdirektion – also der Landeshauptmann – dem Unterricht an einer Schule nur in Anwesenheit der Bundesministerin beiwohnen darf. Moser: „Absurd: Ohne Minister darf der Landeschef nicht in die Schule kommen.Und dies, obwohl er weisungsbefugt ist und gleichzeitig auch die Fachaufsicht über den Bildungsdirektor wahrzunehmen hat.“
Moser gilt als profunder Kenner des Systems, jahre- lang prangerte er die Kernprobleme des Systems an, die dazu führen, dass das Steuergeld im Bildungsbereich nicht effizient ausgegeben wird, dass Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung bestehen, dass Interessenskonflikte zwischen Bund und Land den Bildungsbereich lähmen.
„Die Kernprobleme im Bildungswesen wurden leider nicht angegangen“, urteilt Moser jetzt. Sein Fazit: „Eine Stärkung der Schulautonomie ist gut und richtig, aber leider wurden die notwendigen Rahmenbedingungen wieder nicht geschaffen. Die Strukturen werden nicht verschlankt, sondern ausgebaut, das Kompetenzwirrwarr nicht beseitigt und Doppelgleisigkeiten und Interessenskonflikte zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verfestigt.“
Der Experte gibt ein Beispiel: „In die Finanzierung
„Absurd: Ohne Schulminister darf der Landeshauptmann nicht in die Schule kommen.“
Josef Moser über die skurrilste Gesetzesstelle sind nach wie vor Bund, Länder und Gemeinden eingebunden. Eine Schule soll künftig die Klassenschülerhöchstzahl, längere Öffnungszeiten und eine Flexibi
lisierung des Unterrichts im Rahmen der bisher zugeteilten Personalressourcen festlegen können. Eine Umverteilung der Mittel, bei gleichzeitiger Aufblähung der Verwaltung, wird aber nicht ausreichen, um die Autonomie voll leben zu können. Was für eine Autonomie soll das sein?“
Dem Experten geht es vor allem um die angekündigte Reform der Landesschulräte, die gemeinsam mit Schulabteilungen der Landesregierungen und dem Bildungsministerium den Schulalltag managen. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid hatte vor der Reform immer klar gemacht: „Wichtig ist, dass die Strukturen schlank, einfach, transparent und effi- zient sind.“
Der Reformplan sieht nunmehr Bildungsdirektionen vor, diese werden als Bund-Länder-Behörden bezeichnet, das heißt, alle Entscheidungen brauchen in Hinkunft das Einvernehmen zwischen Bund und Ländern. „Es sollen jetzt neue Strukturen aufgebaut werden, die extrem bürokratisch und aufwendig sind. Im Wesentlichen wir der derzeitige problematische Zustand, also das Kompetenzwirrwarr, die Doppelgleisigkeiten und die Interessenskonflikte lediglich fortgeschrieben.“
So auch bei neun neuen Chefs der geplanten Behörden, den Bildungsdirektoren: „Der Direktor ist in Ange- legenheiten der Vollziehung des Bundes an die Weisungen des Bundesministers, in Angelegenheiten der Vollziehung des Landes an die Weisungen der Landesregierung
Josef Moser über Bund-Länder-Kompetenzen gebunden. Für den Fall, dass durch das Landesgesetz der Landeshauptmann zum Präsidenten der Bildungsdirektion bestellt wird, was optional möglich sein soll, unterliegt der Direktor auch in Bundesangelegenheiten den Weisungen des Landeshauptmanns“, zitiert Moser aus dem Gesetz.
„Und weiter heißt es, dass der Präsident – also der Landeshauptmann – der Weisung der Bundesministerin unterliegt. Hierfür sind aber keine Vergleichsfälle in der 2. Republik bekannt.“
Generell zeige sich, so Moser, dass überall Einvernehmen zwischen Bund und Ländern hergestellt werden müsse. „Sogar bei der Geschäftsordnung und der Geschäftseinteilung. Nicht einmal hier gibt es für alle neun Bildungsdirektionen die gleiche Geschäftseinteilung und -ordnung. “
Ergebnis sei, dass eine Vielzahl von Paragrafen erforderlich sind, um Regelungen für das Erfordernis der Herstellung eins Einvernehmens zwischen Bund und Land zu treffen sind. „Diese Novelle greift die Probleme im Bildungsbereich nicht auf, und löst sie daher auch nicht. Sie besteht lediglich im Abtausch von Interessen zwischen Bund und Land. Und wie wir wissen, erfordert ein Abtausch von Interessen einvernehmliche Lösungen, die selten die beste Lösung, sondern nur einen Kompromiss zum Inhalt haben“, kritisiert Moser. „Für mich heißt das: Eine Schulreform steht nach wie vor aus.“
„Kompetenzwirrwarr, Doppelgleisigkeiten, Interessenkonflikte werden fortgeschrieben.“