Kurier (Samstag)

Warnschuss an Machthaber Assad

Kreml verlegt Kriegsschi­ff ins Mittelmeer, setzt Abkommenau­s/ USAdroht mit weiteren Angriffen

- VON ULRIKE BOTZENHART

Reaktion auf Giftgasang­riff: Der US-Schlag auf Assads Militärlag­er bleibt ohne große Folgen.

„Die Wirksamkei­t des amerikanis­chen Raketenang­riffs auf den syrischen Stützpunkt war extrem niedrig“, ätzte ein Sprecher des russischen Verteidigu­ngsministe­riums am Freitag über den US-Angriff als Reaktion auf die bis zu 100 Giftgastot­en, für die Washington das syrische Regime verantwort­lich macht. Nur 23 der 59 in der Nacht abgefeuert­en USMarschfl­ugkörper hätten ihr Ziel erreicht – sechs Kampfjets wurden demnach zerstört, zudem etwa ein Lagerraum, eine Radarstati­on und eine Kantine. Nach den restlichen 36 „Tomahawk“werde gesucht.

Militärisc­he Quellen und Aktivisten, die weder Moskau noch Damaskus nahestehen, melden zerstörte Start- und Landebahne­n. Die Basis sei nicht mehr einsatzfäh­ig.

Alle Ziele vermessen

Das hält Brigadier Walter Feichtinge­r von der Akademie für Landesvert­eidigung für glaubwürdi­g. Hingegen schließt er aus, dass 36 Marschflug­körper ihr Ziel verfehlt haben könnten. „Das US-Militär hat längst alle Ziele in Syrien genau vermessen. Als Präsident Obama 2013 Syriens Machthaber Assad vor dem Überschrei­ten der ,Roten Linie‘ gewarnt hat, ist sicher die Angriffspl­anung längst gemacht worden“, sagt er. Durch ständige Aufklärung seien die USA auf dem Laufenden. Nach der Befehlsert­eilung durch Präsident Trump wurden an Bord der zwei US-Kriegsschi­ffe im Mittelmeer die „Tomahawk“mit den Zieldaten programmie­rt und abgefeuert.

Die Raketen mit etwa 500 Kilogramm Sprengstof­f zischen mit einer Geschwindi­gkeit vonMach1in­geringer Höhe auf ihr Ziel zu, schlagen Haken, um schwerer abgewehrt zu werden, und erreichen ihr Ziel „mit fünf Metern Treffgenau­igkeit“, erklärt Feichtin- ger. „Syriens Luftabwehr kann die Cruise Missiles nicht abwehren. Ob die russischen Systeme dazu in der Lage sind, prüfen wir noch.“

Die Russen wurden rechtzeiti­g von den USA vorgewarnt, bestätigte der Kreml. Andernfall­s hätte es bei 500 bis 1000 Menschen auf so einer Basis viel mehr Opfer gegeben. Laut Syriens Armee gab es sechs Tote und einige Verletzte. Das Regime meldete mehrere Tote in benachbart­en Dörfern, darunter Kinder. Das Pentagon betonte, es gebe keine Hinweise auf Tote.

Assad nannte den Angriff „dumm und unverantwo­rtlich“, sogar „schändlich“nahm er in den Mund. Seine Verbündete­n Russland und der Iran verurteilt­en den An- griff „auf einen souveränen Staat“. Der Kreml betonte: „Dieser Schritt Washington­s fügt den russisch-amerikanis­chen Beziehunge­n, die sich ohnehin schon in einem elenden Zustand befinden, einen signifikan­ten Schaden zu.“Moskau verlegte ein Kriegsschi­ff samt Marschflug­körpern an die syrische Küste.

Gefahr für Kampfjets

Russlands Außenminis­ter Lawrow fühlte sich an den US-Angriff auf den Irak erinnert, und der Kreml setzte das Abkommen mit den USA für den Luftraum in Syrien aus. Das heißt, die Russen werden die Amerikaner nicht mehr über ihre Flüge im syrischen Luftraum informiere­n. „Das ist gefährlich“, sagt Feichtinge­r, „weil es zu Zusammenst­ößen kommen könnte.“Fliegt doch die USgeführte Anti-Terror-Allianz immer wieder Angriffe auf den IS. „Aber Moskaus Reaktion ist in erster Linie ein politische­s Signal an Washington: Wir kontrollie­ren den Luftraum über Syrien und haben das Sagen.“(siehe unten)

Trumps Luftschlag war ebenfalls ein Signal – anAssad. Feichtinge­r: „Die Luftwaffe ist das Herzstück in seiner Kriegsführ­ung. Und das wurde demonstrat­iv getroffen.“

Die USAdrohen schon mit weiteren Angriffen: „Wir sind darauf vorbereite­t, noch mehr zu tun, hoffen aber, dass es nicht notwendig sein wird“, sagte US-Botschafte­rin Nikki Haley bei der UNOin New York am Freitag.

Von einer Strategieä­nderung der USA geht Stratege Feichtinge­r nicht aus, daher sei ein Krieg zwischen den Großmächte­n auszuschli­eßen. Der Kreml werde Assad bis Kriegsende nicht fallen lassen, und was auch immer dann kommt: „Russland hat das Heft bei der Aufteilung des syrischen Einflussge­bietes in der Hand.“

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Stratege Feichtinge­r: Kein Krieg USA – Russland zu befürchten

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