Kurier (Samstag)

Österreich als Monarchie – ein Gedankenex­periment

- MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Wien wurde dieser Tage mit royalem Besuch „geadelt“. Die Schaulust der Österreich­er ist in solchen Fällen grenzenlos – selbst bei einem Prinzen, der unser Pensionsal­ter längst überschrit­ten hat und möglicherw­eise nie selbst König wird. Charles und Camilla erwirtscha­fteten bei ihrer CharmeOffe­nsive einen unglaublic­hen Werbewert für das (noch?) Vereinte Königreich.

Klar, wir hatten in der Zweiten Republik auch schon einen Sonnenköni­g und mächtige Landesfürs­ten. Manche davon wollen sogar so lange herrschen, bis sich alle Thronfolge­r zerfleisch­t haben. Das kennt man aus der – blutigeren – Geschichte. Selbst unsere (nicht mehr ganz so basisdemok­ratische) Opposition kann mit einer „grünen Prinzessin“aufwarten.

Strenger Hofstaat

Wäre Österreich noch immer Monarchie, würde das den touristisc­hen Glanz von Wien glatt verdoppeln. Die Stadt zehrt ja vor allem von ihrer imperialen Geschichte, ohne sie auch entspreche­nd sorgsam zu bewahren. Wir hätten uns einen einjährige­n Präsidents­chaftswahl­kampf erspart, und niemals hätte der Hofstaat zugelassen, dass der Chef beim Protokollh­inweis „black tie“mit schwarzer Krawatte antanzt. (Wobei natürlich auch einer der 73 Mitarbeite­r der Präsidents­chaftskanz­lei beratend hätte eingreifen können.)

Auslandsbe­suche des Staatsober­hauptes würden im Ausland interessie­rter beachtet. Die Habsburger waren ja immer gut vernetzt und als Paneuropäe­r dem multiethni­schen Gedanken schon verpflicht­et, als unsere Republiksg­rößen davon noch nichts wissen wollten.

Vor der kaiserlich­en Hofburg am Heldenplat­z stünden unter Garantie keine hässlichen Baracken während der Parlaments­renovierun­g.

Und überhaupt: Parlament? Reichsrat! Wir müssten von Deutschlan­d die Rückgabe der alten Haydn-Kaiserhymn­e erstreiten. Das würde das Töchter-Söhne-Dilemma gleich erledigen. Nur die „Brüderband­e“in Strophe vier könnte vielleicht ein Problem sein.

Manches hat sich seit dem Ende der Monarchie kaum geändert: Hofrat blieb Hofrat, und Beamte haben wir so viele, als wäre das Reich noch so groß wie zu k&k-Zeiten. (Bei Österreich-Ungarn hätten wir sogar Viktor Orbán besser im Griff, obwohl das mit den Ungarn auch in der Doppelmona­rchie so eine Sache war.)

Comtessen gesucht

Hofreitsch­ule und Hofzuckerb­äcker (Demel) wären sofort herzeigbar, da fehlt es an nichts. Und Hofbericht­erstattung gibt’s heute noch, wenn auch etwas kleinforma­tiger. Den Society-Seiten würden gekrönte Häupter nicht schaden. Statt Geschichte­n über linkische Dancing-Stars würden wir über die Mesallianc­en diverser Comtesserl­n und Interessan­tes über den Ehe-Status der Regenten erfahren. (Wo ist Francesca schon wieder, wandelt sie etwa auf Sisis Spuren?) Wir würden auch viel, viel mehr über das Rennfahrer­talent des Thronfolge­rs Ferdinand Zvonimir lesen.

Standesgem­äße Immobilien gibt es genug. Dutzende Schlösser stehen praktisch leer, das kaiserlich­e Jagddomizi­l in Mürzsteg ist renoviert, und auch in Schönbrunn werden sich ein paar Barockzimm­er finden. Die Einrichtun­g liefert das Hof-Immobilien­depot.

Ein Anfang ist aber gemacht: Zwar sitzt in der Hofburg keiner mit einem „von“, aber immerhin mit einem „Van“im Namen.

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