Das Protokoll zum Zug-Chaos
Von einer kleinen Fehlermeldung bis zum kompletten Stillstand der Westbahn
Am Freitag um 4.06 Uhr in der Früh trifft in der Leitstelle in Wien-Meidling eine Routine-Fehlermeldung ein. Das Streckengleis 1 beim Linzer Hauptbahnhof ist plötzlich stromlos. Zu diesem Zeitpunkt weiß noch niemand, dass es um diese Zeit vermutlich einen Kurzschluss gegeben hat. Dieser wird in der Folge zu einem der größten Zwischenfälle auf der Westbahn führen – und für Zehntausende Bahngäste Verspätungen bis zu vier Stunden bringen.
Zwei Minuten nach der Fehlermeldung fährt ein Zug in den stromlosen Bereich ein und bleibt einfach stehen. Das zeigt das interne ÖBBProtokoll, das im Österreichischen Eisenbahnforum veröffentlicht wurde.
Um 4.54 Uhr meldet der Linzer Fahrdienstleiter erstmals den Brand in einem Kabelschacht. Wie sich später herausstellen wird, handelt es sich um einen 12 Quadratmeter großen unterirdischen Raum, in dem der Großteil der Stromversorgung des Bahnhofs zusammenläuft.
Zwei Stunden nach der ersten Fehlermeldung, um 6.08 Uhr, wird ein Notfahrprogramm eingerichtet, gegen 7.57 Uhr wird erstmals überlegt, ob man DieselLoks einsetzt, um zumindest den Fernverkehr durch den stromlosen Bahnhof zu bringen.
Ein Problem, das alles verschärft: Die meisten Bediensteten der Linzer Station fahren selbst mit dem Zug in die Arbeit. Pendler berichten deshalb von teils chaotischen Zuständen, mangelnden Durchsagen und langen Warteschlangen vor den Informationsschaltern. „Ich weiß nicht, wie ich nach Wien komme“, sagt etwa Hanna Brunner achselzuckend. Es fährt am Vormittag zwar nach einer gewissen Anlaufzeit eine hohe Zahl an Bussen, die eingesetzt werden, um einen Schienenersatzverkehr einzurichten, allerdings werden zahlreiche Beschwerden über die Zustände laut. Kritisiert wird auch, dass es kaum Durchsagen oder Hinweisschilder gibt.
Der Fernverkehr wird zunächst großräumig umgeleitet, danach werden die Züge teilweise mit alten Diesel-Lokomotiven durchgeschleppt. Manche Züge erreichen am Vormittag Verspätungen von bis zu vier Stunden.
Kurz vor 12 Uhr kann die Linzer Berufsfeuerwehr nach sechs Stunden den Brand löschen, mehrere Steuer- und Stromkabel mit bis zu 15 kV Spannung werden schwer beschädigt. Die Feuerwehrleute haben zwei Tonnen Spezial-Löschmittel in den Schacht gepumpt.
Nach und nach werden ab 15.20 Uhr erste Gleise wieder freigegeben und der Zugsverkehr rollt wieder an. „Nun können auch die ersten Fernzüge wieder Richtung Osten durch den Bahnhof geführt werden“, sagt ÖBBSprecherin Juliane Pamme.
Wann es wieder zu einem vollwertig regulären Zugverkehr kommt, kann die ÖBB auch in den späteren Nachmittagsstunden noch nicht abschätzen. Noch ist unklar, wie schwer der unterirdische Raum zerstört worden ist.