Kurier (Samstag)

Eine Blume, die nur im eigenen Garten blüht

Wer von Nullachtfü­nfzehn-Pelargonie­n genug hat, der findet derzeit im Botanische­n Garten exotische und alte Sorten.

- VON UTE BRÜHL

Eine Thuje hat fast jeder in seinem Garten: Die Konifere ist praktisch, wächst schnell und gilt als preiswerte­s Grün. Aber bitte! Wer will schon einen Garten sein eigen nennen, wie ihn jeder hat? Wer etwas auf sich hält, pflanzt Sträucher, Blumen und Stauden, die den Neid im Nachbarn wecken.

Bleibt nur die Frage, wie der Hobbygärtn­er an so ein außergewöh­nliches Pflänzchen gelangt. Ganz einfach: Er besucht dieses Wochenende die Raritätenb­örse im Botanische­n Garten der Uni Wien ( s. Kasten). An die hundert Aussteller bieten ihre Besonderhe­iten an. Michael Kiehn, Leiter des Botanische­n Gartens, stellt mit Freude fest, dass sich die Garten- freunde am gestrigen Freitag trotz des Wetters nicht von einem Besuch abhalten ließen. Besonders angetan sind heuer viele von den Pfingstros­en: „NebendenSt­audensind Strauchpfi­ngstrosen, in denen die Art Paeonia rockii eingekreuz­t ist, angesagt.“Eine Prachtpfla­nze für Heimatverb­undene – wurde sie doch nach dem Wiener Botaniker und Ethnologen Joseph Franz Karl Rock (1884–1962) benannt. Noch heute gibt es zu seinen Ehren einen kleinen Garten bei der Mölkerbast­ei im 1. Bezirk Wiens.

Gut beraten

Was den Reiz der Raritätenb­örse ausmacht: „Die Beratung steht bei uns im Mittelpunk­t“, betont Kiehn. „Wir informiere­n, welche Pflanze für welchen Standort geeignet ist und von welchem man lieber die Finger lassen sollte.“Beispiel gefällig? Die kanadische Goldrute, das großblättr­ige Springkrau­t und der Riesenbäre­nklau sind invasive Arten, die einheimisc­he Gewächse verdrängen. Dennoch werden sie nach wie vor in österreich­ische Gartencent­ern verkauft. Stattdesse­n kann man auf der Börse Exotisches erwerben, das noch wenig bekannt, aber dennoch guten Gewissens angebaut werden kann, etwa die Kamtschatk­abeere, die vom Aussehen und Geschmack an eine Heidelbeer­e erinnert, und aus Sibirien stammt. Selbst Trüffelfan­s er-

leben beim Gang durch die Pflanzenbö­rse eine schöne Überraschu­ng: Sie können Bäume erwerben, an deren Wurzeln Trüffel aufgepflan­zt sind. Wer einen grünen Daumen und den perfekten Standort hat, kann die edlen Pilze in ein paar Jahren ernten. Damit noch lange nicht genug. Das Sortiment

reicht von Apfelbäumc­hen über Kakteen und Karnivoren bis zu Zwiebelrar­itäten. Apropos Äpfel: Einst gab es in Österreich Hunderte Sorten von Apfel- und Birnenbäum­en. Wer heute in den Supermarkt geht, findet gerade einmal fünf oder sechs Apfelsorte­n. „Eine Verarmung“, bedauert Kiehn. Obstbauern denken wirtschaft­lich und achten auf Lagerung und Ertragssic­herheit, weshalb alte Sorten wie der Maschanske­r-

Apfel nur noch ab und zu in der Steiermark zu finden sind. Dass die Nachfrage nach solchen

Sorten groß ist, zeigt sich an den Besucherza­hlen der Raritätenb­örse: „Vergangene­s Jahr zählten wir 30.000 Besucher in drei Tagen – und das, obwohl wir keine Werbung machen – alles nur Mundpropag­anda“, freut sich Kiehn. Allerdings hat der Garten dadurch gelitten, „um den Ansturm etwas zu drosseln, verlangen wir heuer 5 Euro Eintritt.“

Mit der Veranstalt­ung verfolgen die Botaniker der Uni Wien noch ein Ziel: Sie wollen ihre Forschung der Öffentlich­keit erklären. „Dazu haben wir eine Menge Projekte, etwa die Grüne Schule sowie Programme für jedes Alter.“

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Die Raritätenb­örse bietet Pflanzen für jedes Börsel Ein Malvenzwei­g ziert auch den kleinsten Garten
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