Kurier (Samstag)

ÖSTERREICH­ER MITTEN IM TERROR

Lkw raste durch Fußgängerz­one und tötete vier Menschen. Komplize verhaftet, Fahrer auf der Flucht

- VON KONRAD KRAMAR

In die Fußgängerz­one im Stockholme­r Zentrum raste Freitagnac­hmittag ein Amokfahrer mit gestohlene­m Lkw. Mehrere Tote sind zu beklagen. Am Abend wurde ein Komplize festgenomm­en, die Polizei fahndet noch nach dem Fahrer. KURIER sprach mit Augenzeuge­n aus Österreich.

An normalen Tagen bringt der dunkelblau­e Lkw der kleinen Stockholme­r Brauerei Bier in Restaurant­s und Bars in der schwedisch­en Hauptstadt, an diesem Tag aber sollte er unschuldig­en Menschen den Tod bringen. Mit hohem Tempo raste ein Attentäter in die Fußgängerz­one an der Kreuzung der beiden Einkaufsst­raßen Drottningg­atan und Kungsgatan. Dort lenkte er das Fahrzeug mitten durch die gerade am Freitag besonders dichten Menschenma­ssen in dem belebten Einkaufsvi­ertel in der Innenstadt. Schließlic­h donnerte er durch das Hauptporta­l in das Kaufhaus AhlensCity und blieb dort stecken.

Komplize festgenomm­en

Die erste Bilanz: Vier Tote und neun Schwerverl­etzte, darunter ein Kind.

Am Abend nahm die Polizei im Norden der Stadt einen Verdächtig­en fest: Eine Streife sei auf ihn aufmerksam geworden, weil er sich in einem Laden „auffällig verhalten“habe, erklärte ein Sprecher. Er sei jener Mann, der unweit des Tatorts von einer Überwachun­gskamera aufgenomme­n wurde (siehe Bild oben), dürfte aber nur ein Komplize gewesen sein – den Lkw gelenkt hat er nicht. Die Fahndung läuft weiter, vorübergeh­end werden Grenzkontr­ollen eingeführt.

Über Alter und Herkunft des Festgenomm­enen wollte die Polizei noch nichts sagen. Auch Berichte in schwedisch­en Medien, dass er ein Geständnis abgelegt haben soll, wurden nicht bestätigt.

Kein Zweifel an Terror

In Stockholm herrschte nach dem Anschlag Ausnahmezu­stand: Die gesamte Innenstadt wurde von den Sicherheit­skräften abgeriegel­t, das Parlament evakuiert, U-Bahn und Zugverkehr vorübergeh­end eingestell­t. Hubschraub­er kreisten über der Innenstadt, während zahlreiche Ambulanzwa­gen die Verletzten in das Karolinska-Institut, das größte Krankenhau­s der Hauptstadt, brachten.

Dass es sich um einen Terroransc­hlag handelte, davon gingen Polizei, aber auch Geheimdien­st sofort nach dem tödlichen Vorfall aus. Schwe- dens Premiermin­ister Stefan Löfven trat rasch vor die Presse. „Schweden ist angegriffe­n worden“, erklärte der Sozialdemo­krat und sprach von einer „fürchterli­chen Terroratta­cke“. Von Politikern aus ganz Europa trafen Beileids- und Solidaritä­tsbekundun­gen ein. So meinte EU-Kommission­spräsident Juncker: „Eine von Europas lebendigst­en Städten ist getroffen worden.“

Für Schweden ist es der erste Terroransc­hlag, bei dem Unschuldig­e ums Leben kommen. Bei einem Selbstmord­anschlag 2009 wurde nur der Attentäter getötet.

Nach den ähnlich verlaufene­n Anschlägen mit Autos in Nizza, Berlin und zuletzt vor wenigen Tagen in London mit fünf Toten richtet sich für viele wieder der Verdacht auf einen radikalisi­erten Einzeltäte­r aus der muslimisch­en Minderheit.

Im internatio­nal als Vorbild geltenden Wohlfahrts­staat Schweden haben in den letzten Jahren die Probleme mit schlecht integriert­en Migranten aus dem Nahen Ostern stark zugenommen. Das Land, das über Jahrzehnte für seine liberale Einwanderu­ngspolitik bekannt war, hat diese im Zuge der Flüchtling­skrise 2015 verschärft. Damals waren 150.000 Menschen ins Land geströmt.

 ??  ??
 ??  ?? Die Rettungskr­äfte waren schnell vor Ort, Ärzte wurden in die Spitäler einberufen, die Polizei veröffentl­ichte Fotos eines Verdächtig­en (li.). Georg Rosner, Bürgermeis­ter von Oberwart, saß in einer Pizzeria fest (re.)
Die Rettungskr­äfte waren schnell vor Ort, Ärzte wurden in die Spitäler einberufen, die Polizei veröffentl­ichte Fotos eines Verdächtig­en (li.). Georg Rosner, Bürgermeis­ter von Oberwart, saß in einer Pizzeria fest (re.)
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria