Heumarkt: Grüne gegen Hochhaus
Parteibasis rebelliert gegen Maria Vassilakou. Massive Belastungsprobe für die rot-grüne Koalition
Urabstimmung über Bauprojekt in der Welterbe-Zone bringt Vassilakou in Bedrängnis.
Die Wiener Grünen haben Maria Vassilakou die Gefolgschaft gekündigt: 348 von 685 Parteimitgliedern (51,33 Prozent) beantworteten die Frage „Sollen die Wiener Grünen der Flächenwidmung 7984 am Heumarkt beim Eislaufverein und damit dem Hochhausbau im Kerngebiet des UNESCO-Weltkulturerbes zustimmen?“mit Nein. Stimmberechtigt waren 1.313 Mitglieder; lediglich 52,17 Prozent haben an der Befragung teilgenommen.
Sie wurde von Parteimitglieder initiiert, die befürchten, dass das Projekt in seiner derzeitigen Form wegen seiner Höhe und Kubatur dem historischen Zentrum von Wien den Welterbestatus kosten könnte. Maria Vassilakou ist gemeinsam mit der SPÖ immer für das Projekt eingetreten.
Das Ergebnis der Urabstimmung ist an und für sich bindend. Von der Parteispitze hieß es am Freitagnachmittag lediglich: „Die Grünen Wien werden in den kommenden Tagen gemeinsam eine Bewertung des Ergebnisses vornehmen und über die weitere Vorgangsweise entscheiden.“Mehr wollte man auch im Büro Vassilakou nicht sagen. Für Montag ist ein Treffen der Parteigremien angesetzt.
„Unglaublich“, kommentiert Alexander Hirschenhau- ser, Chef der City-Grünen und Sprecher der Initiative „Urabstimmung“das Ergebnis. „Ich habe mit dem Schlimmsten gerechnet. Jetzt habe ich die Bestätigung, dass ich in der richtigen Partei bin.“Die Kollegen im Rathaus müssten sich jetzt dafür einsetzen, dass das Projekt zurück an den Start komme: „So wie derzeit geplant, kann man es nicht unterstützen.“
Zerreißprobe
Das Votum ist eine Zerreißprobe für die rot-grüne Koalition. Denn folgt der grüne Rathausklub dem Willen der Basis, kann die Flächenwidmung für das Projekt nicht wie geplant mit der SPÖ im Gemeinderat beschlossen werden. Setzt sich Vassilakou über das Ergebnis der Urabstimmung hinweg, droht ein offener Aufstand der eigenen Parteibasis.
Beim Koalitionspartner SPÖ, der hinter dem Projekt steht, gibt man sich derzeit ebenfalls noch wortkarg: „Jetzt sind zunächst einmal die Grünen am Zug. Wir warten das Ergebnis ihrer internen Besprechungen am Montag ab“, sagt eine Sprecherin des roten Rathausklubs. Zu etwaigen Konsequenzen, sollte das Nein zum Hochhaus tatsächlich offizielle Parteilinie werden, will man sich noch nicht äußern. Nur so viel: „Es wäre mehr als bedauerlich, sollte das Projekt nicht umgesetzt werden.“
Eislaufverein in Sorge
Mit der Realisierung des Projekt ist die Zukunft des Wiener Eislaufvereins verbunden. Der Projektbetreiber Wertinvest verpflichtet sich im aktuell ausgehandelten Plan, den Eislaufverein zu sanieren und den Pachtvertrag für die kommenden 99 Jahre zu sichern. Eislaufverein- Sprecher Peter Menasse fühlt sich daher vom Ergebnis vor den Kopf gestoßen: „Es ist schon erstaunlich, dass man erst nach vier Jahren des Verhandelns – unter aktiver Beteiligung der Vizebürgermeisterin – auf die Idee kommt, eine Abstimmung zu machen.“
Irritiert ist Menasse auch darüber, dass kein Grüner während der Urabstimmung das Gespräch mit ihmgesucht habe. Es komme ihm vor, als wäre der Verein ein Opfer, das man in diesem internen Machtkampf in Kauf nehmen würde. Denn: „Wir wissen nicht, was wir tun sollen, wenn das Projekt scheitert.“
FPÖ-Planungssprecher Toni Mahdalik findet das Ergebnis indes „höchst erfreulich“und hofft auf eine Abänderung, damit das Projekt mit den Welterbe-Richtlinien vereinbar werde. Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel fordert die Vizebürgermeisterin auf, „endlich ihren Job zu machen“. Und die Neos wollen im Gemeinderat einen Antrag für eine Volksbefragung einbringen.