ÖVP versucht, die SPÖ in Herbst-wahl zu treiben
Termine. SPÖ liebäugelt mit Frühjahr 2018, für ÖVP-Länder ein No-Go
Dass die SPÖ nach wochenlangem Hinhalten nun doch noch die Gewerbeordnung durchs Parlament lässt, nützt jetzt auch nichts mehr.
Die Pizza-Aktion des Kanzlers hat die Nerven in der ÖVP endgültig überstrapaziert. Die ÖVP will nicht mehr danebensitzen und zusehen, wie der Koalitionspartner kampagnisiert und dabei treuherzig versichert, das sei eh „kein Wahlkampf“.
Weiters befürchtet die ÖVP – der KURIER berichtete darüber am vergangenen Sonntag –, dass die SPÖ die Nationalratswahl ins Frühjahr 2018 mitten in die Landtagswahlkämpfe hineinplatzieren könnte. Kern würde die SPÖ-Landesparteien mit hinaufziehen, aber für die ÖVP-Landeshauptleute in Niederösterreich, Salzburg und Tirol wäre das Zusammenfallen von Bundes- und Landeswahlen ein Nachteil, weil sie ihren Landes-Bonus nicht ausspielen könnten. Um dieser Gefahr zu entgehen, fühlen sich ÖVP-Länder in ihrem Wunsch nach Neuwahlen im Herbst 2017 bestärkt.
Also versucht die ÖVP nun, die SPÖ zu einem Herbstwahltermin zu treiben. Sie nutzt den Protest der Wiener Lehrer, um sich ihrerseits von der Schulreform zu verabschieden. Sie streitet mit der SPÖ um die kalte Progression – eine gute Gelegenheit, ideologisches Profil zu zeigen: die Partei der Leistungsträger gegen die Partei der Kleinstverdiener.
Das Wählerpublikum darf sich in nächster Zeit auf Dauerkrach in der Koalition einstellen. Vielleicht ist ja auch das ein Ziel – dass die Leute dann schon so genervt sind und erleichtert reagieren, wenn ein Politiker „es reicht“sagt und diesen Zustand beendet.
In Wahrheit ist beiden Parteien klar, dass regulär im Herbst 2018 nicht gewählt werden kann, weil Österreich den EU-Vorsitz zu führen hat. Da geht es umWesentliches wie Brexit und Budgetvorschau. So hat auch Wirtschaftskammerboss Christoph Leitl im ÖVPVorstand deponiert, dass die Aufgabe des EUVorsitzes von einer stabilen Regierung wahrgenommen werden sollte. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner gab am Freitag zu, dass im ÖVPVorstand „informell“über Neuwahlen geredet wurde, es gebe aber „keinen Beschluss“.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter sagt auf KURIER-Nachfrage: „Es gab Diskussionen, aber am Ende der Vorstandssitzung habe ich nicht mitgenommen, dass es einen Auftrag in Richtung Neuwahlen gibt.“Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner sagt: „Neuwahlen will keiner so wirklich. Das kann man sich eigentlich auch nicht wünschen. Aber es irritiert, wenn der Kanzler im Vorwahlkampf mit Pizza durch den Gemeindebau läuft, statt seine Arbeit zu machen.“