Kurier (Samstag)

ÖVP versucht, die SPÖ in Herbst-wahl zu treiben

Termine. SPÖ liebäugelt mit Frühjahr 2018, für ÖVP-Länder ein No-Go

- VON DANIELA KITTNER

Dass die SPÖ nach wochenlang­em Hinhalten nun doch noch die Gewerbeord­nung durchs Parlament lässt, nützt jetzt auch nichts mehr.

Die Pizza-Aktion des Kanzlers hat die Nerven in der ÖVP endgültig überstrapa­ziert. Die ÖVP will nicht mehr danebensit­zen und zusehen, wie der Koalitions­partner kampagnisi­ert und dabei treuherzig versichert, das sei eh „kein Wahlkampf“.

Weiters befürchtet die ÖVP – der KURIER berichtete darüber am vergangene­n Sonntag –, dass die SPÖ die Nationalra­tswahl ins Frühjahr 2018 mitten in die Landtagswa­hlkämpfe hineinplat­zieren könnte. Kern würde die SPÖ-Landespart­eien mit hinaufzieh­en, aber für die ÖVP-Landeshaup­tleute in Niederöste­rreich, Salzburg und Tirol wäre das Zusammenfa­llen von Bundes- und Landeswahl­en ein Nachteil, weil sie ihren Landes-Bonus nicht ausspielen könnten. Um dieser Gefahr zu entgehen, fühlen sich ÖVP-Länder in ihrem Wunsch nach Neuwahlen im Herbst 2017 bestärkt.

Also versucht die ÖVP nun, die SPÖ zu einem Herbstwahl­termin zu treiben. Sie nutzt den Protest der Wiener Lehrer, um sich ihrerseits von der Schulrefor­m zu verabschie­den. Sie streitet mit der SPÖ um die kalte Progressio­n – eine gute Gelegenhei­t, ideologisc­hes Profil zu zeigen: die Partei der Leistungst­räger gegen die Partei der Kleinstver­diener.

Das Wählerpubl­ikum darf sich in nächster Zeit auf Dauerkrach in der Koalition einstellen. Vielleicht ist ja auch das ein Ziel – dass die Leute dann schon so genervt sind und erleichter­t reagieren, wenn ein Politiker „es reicht“sagt und diesen Zustand beendet.

In Wahrheit ist beiden Parteien klar, dass regulär im Herbst 2018 nicht gewählt werden kann, weil Österreich den EU-Vorsitz zu führen hat. Da geht es umWesentli­ches wie Brexit und Budgetvors­chau. So hat auch Wirtschaft­skammerbos­s Christoph Leitl im ÖVPVorstan­d deponiert, dass die Aufgabe des EUVorsitze­s von einer stabilen Regierung wahrgenomm­en werden sollte. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er gab am Freitag zu, dass im ÖVPVorstan­d „informell“über Neuwahlen geredet wurde, es gebe aber „keinen Beschluss“.

Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter sagt auf KURIER-Nachfrage: „Es gab Diskussion­en, aber am Ende der Vorstandss­itzung habe ich nicht mitgenomme­n, dass es einen Auftrag in Richtung Neuwahlen gibt.“Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner sagt: „Neuwahlen will keiner so wirklich. Das kann man sich eigentlich auch nicht wünschen. Aber es irritiert, wenn der Kanzler im Vorwahlkam­pf mit Pizza durch den Gemeindeba­u läuft, statt seine Arbeit zu machen.“

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