Rote Rebellen gegen Boulevardblätter
SPÖ-Parteitag. Sektion 8 fordert Verbot von Entnahmeboxen / Schützenhilfe von Bezirksgrünen und -Neos
Über mehr als 150 Anträge müssen heute, Samstag, die Delegierten beim SPÖ-Landesparteitag in der Messe Wien abstimmen. Zwei davon sind besonders brisant: Geht es nach den Parteirebellen der Sektion 8 (Alsergrund) soll es keine Entnahmeboxen für Gratiszeitungen im öffentlichen Raum und in U-Bahn-Stationen mehr geben. Der Antrag richtet sich gegen die Blätter heute und Österreich, die mit Hilfe von mindestens 800 solcher Boxen an die Leser gebracht werden. Würden sie wegfallen, würde das den Vertrieb dieser Zeitungen massiv erschweren.
Die Sektion 8 begründet ihren Antrag mit der Verunreinigung des öffentlichen Raums durch die weggeworfenen Zeitungen. Außerdem würden beide Blätter durch eine tendenziöse Berichterstattung auffallen, gekennzeichnet durch hetzerische oder oft schlichtweg falsche Artikel.
Resolution des Bezirks
Schützenhilfe erhalten die roten Aktivisten jetzt von Grünen und Neos am Alsergrund. Gemeinsam mit der SPÖ beschlossen sie bei der letzten Bezirksvertretungssitzung eine Resolution gegen das Aufstellen der Zeitungsboxen. „Sie ist zwar nicht bindend, hat aber eine große Signalwirkung über den Parteitag hinaus“, betont Lea Six von der Sektion 8. Jetzt will man prüfen, wie weit der Bezirk in dieser Frage auf die Stadtregierung einwirken kann oder ob zumindest ein Verbot der Boxen im eigenen Bezirk möglich ist.
Weiters bringt die Sektion 8 beim Parteitag ihren Antrag vom Vorjahr noch einmal ein: In Zeitungen, die wiederholt gegen den Ehrenkodex des Presserats verstoßen, sollen keine Inserate von öffentlichen Institutionen geschaltet werden, heißt es darin. Neben den Gratiszeitungen wür- de das auch massiv die Kronen Zeitung treffen.
2016wurdedieser Antrag einer Arbeitsgruppe zugewiesen. „Darin wurde er aber nur marginal behandelt“, sagt Six. Auch diesmal empfiehlt die Prüfungskommission – wie bei den Gratisboxen auch – die Zuweisung in eine Arbeitsgruppe.
Die Sektion 8 will sich diese Schubladisierung nicht länger gefallen lassen und be- antragt am Parteitag, dass die Delegierten direkt über die Anträge abstimmen müssen.
Six rechnet sich vor allem für das Boxenverbot Chancen auf eine breitere Unterstützung aus.
Dass die Sektion 8 mit ihren Anträgen durchkommt, wäre eine Überraschung, heißt es hingegen in SP-Kreisen. „Denn kaum jemand will es sich mit diesen Zeitungen verscherzen.“
Freilich: Schon einmal war es der Sektion 8 gelungen, einen Antrag gegen den Willen der Parteispitze durchzusetzen. 2011 gewannen sie für ihre Forderung nach den Verbot des Kleinen Glücksspiels in Wien überraschend die Mehrheit beim Landesparteitag. Die Spielautomaten wurden dann tatsächlich mit Unterstützung der Grünen in der Bundeshauptstadt abgeschafft.