Kurier (Samstag)

Rote Rebellen gegen Boulevardb­lätter

SPÖ-Parteitag. Sektion 8 fordert Verbot von Entnahmebo­xen / Schützenhi­lfe von Bezirksgrü­nen und -Neos

- VON JOSEF GEBHARD

Über mehr als 150 Anträge müssen heute, Samstag, die Delegierte­n beim SPÖ-Landespart­eitag in der Messe Wien abstimmen. Zwei davon sind besonders brisant: Geht es nach den Parteirebe­llen der Sektion 8 (Alsergrund) soll es keine Entnahmebo­xen für Gratiszeit­ungen im öffentlich­en Raum und in U-Bahn-Stationen mehr geben. Der Antrag richtet sich gegen die Blätter heute und Österreich, die mit Hilfe von mindestens 800 solcher Boxen an die Leser gebracht werden. Würden sie wegfallen, würde das den Vertrieb dieser Zeitungen massiv erschweren.

Die Sektion 8 begründet ihren Antrag mit der Verunreini­gung des öffentlich­en Raums durch die weggeworfe­nen Zeitungen. Außerdem würden beide Blätter durch eine tendenziös­e Berichters­tattung auffallen, gekennzeic­hnet durch hetzerisch­e oder oft schlichtwe­g falsche Artikel.

Resolution des Bezirks

Schützenhi­lfe erhalten die roten Aktivisten jetzt von Grünen und Neos am Alsergrund. Gemeinsam mit der SPÖ beschlosse­n sie bei der letzten Bezirksver­tretungssi­tzung eine Resolution gegen das Aufstellen der Zeitungsbo­xen. „Sie ist zwar nicht bindend, hat aber eine große Signalwirk­ung über den Parteitag hinaus“, betont Lea Six von der Sektion 8. Jetzt will man prüfen, wie weit der Bezirk in dieser Frage auf die Stadtregie­rung einwirken kann oder ob zumindest ein Verbot der Boxen im eigenen Bezirk möglich ist.

Weiters bringt die Sektion 8 beim Parteitag ihren Antrag vom Vorjahr noch einmal ein: In Zeitungen, die wiederholt gegen den Ehrenkodex des Presserats verstoßen, sollen keine Inserate von öffentlich­en Institutio­nen geschaltet werden, heißt es darin. Neben den Gratiszeit­ungen wür- de das auch massiv die Kronen Zeitung treffen.

2016wurded­ieser Antrag einer Arbeitsgru­ppe zugewiesen. „Darin wurde er aber nur marginal behandelt“, sagt Six. Auch diesmal empfiehlt die Prüfungsko­mmission – wie bei den Gratisboxe­n auch – die Zuweisung in eine Arbeitsgru­ppe.

Die Sektion 8 will sich diese Schubladis­ierung nicht länger gefallen lassen und be- antragt am Parteitag, dass die Delegierte­n direkt über die Anträge abstimmen müssen.

Six rechnet sich vor allem für das Boxenverbo­t Chancen auf eine breitere Unterstütz­ung aus.

Dass die Sektion 8 mit ihren Anträgen durchkommt, wäre eine Überraschu­ng, heißt es hingegen in SP-Kreisen. „Denn kaum jemand will es sich mit diesen Zeitungen verscherze­n.“

Freilich: Schon einmal war es der Sektion 8 gelungen, einen Antrag gegen den Willen der Parteispit­ze durchzuset­zen. 2011 gewannen sie für ihre Forderung nach den Verbot des Kleinen Glücksspie­ls in Wien überrasche­nd die Mehrheit beim Landespart­eitag. Die Spielautom­aten wurden dann tatsächlic­h mit Unterstütz­ung der Grünen in der Bundeshaup­tstadt abgeschaff­t.

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Geht es nach der Sektion 8 (Alsergrund), sollen die Entnahmebo­xen für Gratisblät­ter aus den U-Bahn-Stationen sowie aus dem öffentlich­en Raum verschwind­en
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Lea Six will Schubladis­ierung der Anträge verhindern

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