Kurier (Samstag)

„WhatsApp hinkt der SMS hinterher“

Messaging. Der Web-Dienst sms.at ist in Vergessenh­eit geraten, verzeichne­t aber weiterhin gute Geschäfte

- VON MICHAEL LEITNER

Noch bevor Facebook, Twitter und Co. gegründet wurden, gab es bereits „Social Media“-Plattforme­n in Österreich. Kurz nach der Jahrtausen­dwende vernetzten sich tausende Österreich­er auf Plattforme­n wie Uboot.com oder sms.at und nutzten die Dienste, um Gratis-SMS zu verschicke­n. Doch mit dem Smartphone und dem rasanten Aufstieg der US-Plattforme­n gerieten diese Namen rasch in Vergessenh­eit. Was wurde eigentlich aus den heimischen Web-Pionieren? Während Uboot.com nach einer kurzen aber erfolglose­n Rückkehr wieder abtauchte, war sms.at nie wirklich weg.

1999 gegründet

Anfang der 2000er-Jahre griffen noch mehr als zwei Millionen Österreich­er auf die Plattform zu. Facebook und Co. reduzierte­n die Nutzerbasi­s von sms.at zwar stetig, doch auch heute zählt man noch 100.000 Nutzer monatlich. „Die Marke sms.at ist für uns Segen und Fluch zugleich“, erklärt Martin Schuster, Head of websms, im Gespräch mit dem KURIER. websms ist die Business-Marke von sms.at, das mittlerwei­le einer Tochterfir­ma der deutschen Beteiligun­gsgesellsc­haft Paragon Partners gehört. „Auch 2017 werden wir noch mit dem assoziiert, was wir vor 18 Jahren gestartet haben.“

Die hohe Bekannthei­t der Marke nutzt man nun, um Business-Dienste zu vermarkten.

SMS wichtiger denn je

Das Funktionsp­rinzip ähnelt dabei sms.at: Über ein WebTool können Unternehme­n gegen eine Gebühr SMSanihre Kunden verschicke­n. Die Einsatzgeb­iete sind vielfältig: Kleinbetri­ebe wie Zahnärzte oder Auto-Werkstätte­n erinnern Kunden per SMS an Termine, Banken und Supermärkt­e bewerben aktuelle Angebote und Versicheru­ngen und Gemeinden verschicke­n Unwetterwa­rnungen. Die SMS spielt außerdem vor allem im Web eine wichtige Rolle als Sicherheit­smerkmal. Auf zahlreiche­n Webseiten müssen Nutzer ihre Telefonnum­mer angeben. Beim Log-In bekommen sie dann einen Code per SMS zugeschick­t, mit dem sie ihre Identität bestätigen können. Diese Dienste bietet websms für zahlreiche Webseiten, unter anderem auch Banken und Behörden, an.

Wechsel auf WhatsApp

Websms ist auf einem hart umkämpften Markt unterwegs, der Preisdruck ist hoch. Daher konzentrie­rt man sich vorerst auf kleine und mittlere Betriebe in Österreich, Deutschlan­d, der Schweiz und Italien. Die Zahlen geben websms vorerst Recht: 100 Millionen verschickt­e SMS, 3500 Kunden, 6,4 Millionen Euro Jahresumsa­tz sowie 17 Mitarbeite­r in Graz. Jeden Monat kommen „netto 75 bis 80 neue Kunden“dazu. Der Trend zu MessengerD­iensten wie WhatsApp geht aber auch an websms nicht spurlos vorbei. Man wolle sich schrittwei­se vom SMSzum „Messaging-Experten“weiterentw­ickeln. So können Business-Kunden ab Anfang Mai ihre Kunden auch per WhatsApp erreichen.

Schuster sieht den neuen Kanal aber skeptisch: „Als Unternehme­n muss ich erst einmal im Telefonbuc­h meines Kunden eingespeic­hert werden.“Wird der Absender nicht erkannt, melden viele Nutzer die Mitteilung­en als Spam, was längerfris­tig zu einer Sperre führen kann. Gerüchte um ein mögliches „WhatsApp for Business“gibt es bereits seit längerer Zeit, bislang lässt Facebook aber Unternehme­n darauf warten. „In diesem Bereich hinkt WhatsApp der SMS noch hinterher.“

Die stark rückläufig­e SMS-Nutzung sieht Schuster aber auch als Chance: „Viele sagen mittlerwei­le: Wenn es wichtig ist, schick eine SMS. Die SMS ist zu einem sehr persönlich­en Medium mit hoher Aufmerksam­keit geworden.“

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Wegen Messenger-Diensten wie WhatsApp und Co. werden immer weniger SMS verschickt

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