„WhatsApp hinkt der SMS hinterher“
Messaging. Der Web-Dienst sms.at ist in Vergessenheit geraten, verzeichnet aber weiterhin gute Geschäfte
Noch bevor Facebook, Twitter und Co. gegründet wurden, gab es bereits „Social Media“-Plattformen in Österreich. Kurz nach der Jahrtausendwende vernetzten sich tausende Österreicher auf Plattformen wie Uboot.com oder sms.at und nutzten die Dienste, um Gratis-SMS zu verschicken. Doch mit dem Smartphone und dem rasanten Aufstieg der US-Plattformen gerieten diese Namen rasch in Vergessenheit. Was wurde eigentlich aus den heimischen Web-Pionieren? Während Uboot.com nach einer kurzen aber erfolglosen Rückkehr wieder abtauchte, war sms.at nie wirklich weg.
1999 gegründet
Anfang der 2000er-Jahre griffen noch mehr als zwei Millionen Österreicher auf die Plattform zu. Facebook und Co. reduzierten die Nutzerbasis von sms.at zwar stetig, doch auch heute zählt man noch 100.000 Nutzer monatlich. „Die Marke sms.at ist für uns Segen und Fluch zugleich“, erklärt Martin Schuster, Head of websms, im Gespräch mit dem KURIER. websms ist die Business-Marke von sms.at, das mittlerweile einer Tochterfirma der deutschen Beteiligungsgesellschaft Paragon Partners gehört. „Auch 2017 werden wir noch mit dem assoziiert, was wir vor 18 Jahren gestartet haben.“
Die hohe Bekanntheit der Marke nutzt man nun, um Business-Dienste zu vermarkten.
SMS wichtiger denn je
Das Funktionsprinzip ähnelt dabei sms.at: Über ein WebTool können Unternehmen gegen eine Gebühr SMSanihre Kunden verschicken. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Kleinbetriebe wie Zahnärzte oder Auto-Werkstätten erinnern Kunden per SMS an Termine, Banken und Supermärkte bewerben aktuelle Angebote und Versicherungen und Gemeinden verschicken Unwetterwarnungen. Die SMS spielt außerdem vor allem im Web eine wichtige Rolle als Sicherheitsmerkmal. Auf zahlreichen Webseiten müssen Nutzer ihre Telefonnummer angeben. Beim Log-In bekommen sie dann einen Code per SMS zugeschickt, mit dem sie ihre Identität bestätigen können. Diese Dienste bietet websms für zahlreiche Webseiten, unter anderem auch Banken und Behörden, an.
Wechsel auf WhatsApp
Websms ist auf einem hart umkämpften Markt unterwegs, der Preisdruck ist hoch. Daher konzentriert man sich vorerst auf kleine und mittlere Betriebe in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien. Die Zahlen geben websms vorerst Recht: 100 Millionen verschickte SMS, 3500 Kunden, 6,4 Millionen Euro Jahresumsatz sowie 17 Mitarbeiter in Graz. Jeden Monat kommen „netto 75 bis 80 neue Kunden“dazu. Der Trend zu MessengerDiensten wie WhatsApp geht aber auch an websms nicht spurlos vorbei. Man wolle sich schrittweise vom SMSzum „Messaging-Experten“weiterentwickeln. So können Business-Kunden ab Anfang Mai ihre Kunden auch per WhatsApp erreichen.
Schuster sieht den neuen Kanal aber skeptisch: „Als Unternehmen muss ich erst einmal im Telefonbuch meines Kunden eingespeichert werden.“Wird der Absender nicht erkannt, melden viele Nutzer die Mitteilungen als Spam, was längerfristig zu einer Sperre führen kann. Gerüchte um ein mögliches „WhatsApp for Business“gibt es bereits seit längerer Zeit, bislang lässt Facebook aber Unternehmen darauf warten. „In diesem Bereich hinkt WhatsApp der SMS noch hinterher.“
Die stark rückläufige SMS-Nutzung sieht Schuster aber auch als Chance: „Viele sagen mittlerweile: Wenn es wichtig ist, schick eine SMS. Die SMS ist zu einem sehr persönlichen Medium mit hoher Aufmerksamkeit geworden.“