Regierung: Austro-Türken dürfen nicht über Todesstrafe abstimmen
Referendum-Verbot. Österreich will sich im Fall des Falles auf das Völkerrecht berufen und alle Instanzen ausschöpfen.
Demonstrativ und ungewohnt einig ist sich die Bundesregierung in einem Punkt: Sollte der türkische Präsident Erdoğan sein Ansinnen wahr machen und ein Referendum über die Todesstrafe abhalten, werden Austro-Türken nicht mitstimmen dürfen. „Im Falle eines Referendums über die Todesstrafe in der Tür- kei würde Österreich die Abhaltung in Österreich untersagen“, sagt Außenminister Sebastian Kurz zum KURIER. Da die 108.561 in Österreich wahlberechtigten Türken in Konsulaten und Botschaften ihre Stimmen abgeben, ist nicht – wie bei Wahlen üblich – das Innen- sondern das Außenministerium zuständig.
Souveränität
Ein Abstimmungsverbot wäre, so Kurz, durch das Völkerrecht gewährleistet, „das einem Staat die Möglichkeit gibt, aufgrund seiner territorialen Souveränität die Durchführung eines ausländischen Referendums auf seinem Staatsgebiet zu untersagen.“ Für Kanzler Christian Kern steht ein Abstimmungsverbot ebenfalls dezidiert außer Frage: „Die Todesstrafe widerspricht zutiefst unseren Grundwerten und unserer Verfassung, sowohl in Österreich als auch in der EU. Wir haben alle rechtlichen Möglichkeiten, die Abhaltung einer solchen Abstimmung an den türkischen Konsulaten zu untersagen.“Europarechtsexperte Walter Obwexerweist im KURIER-Gespräch darauf hin, dass alle EU-Staaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMKR) verpflichtet sind. „Die EMRK verbietet die Todesstrafe. Dem folgend ist eine Einschränkung des Wahlrechts,das zwar ebenfalls ein Grundrecht ist, gerechtfertigt, da dadurch das Recht auf Leben verletzt wird.“Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hält ein Abstimmungsverbot aber für nur schwer durchsetzbar. Immerhin habe die Polizei keinen Zutritt zu ausländischen Konsulaten und Botschaften, sagte er in der „ZIB1“.
Österreich folgt mit der Verbotsankündigung Deutschland. Nachdem sich SPD-Spitzenkandidat Schulz gegen das Abhalten des Referendums ausgesprochen hatte, stellte Regierungssprecher Seibert klar: „Es ist politisch nicht vorstellbar, dass wir einer solchen Abstimmung zustimmen würden.“