Kurier (Samstag)

Regierung: Austro-Türken dürfen nicht über Todesstraf­e abstimmen

Referendum-Verbot. Österreich will sich im Fall des Falles auf das Völkerrech­t berufen und alle Instanzen ausschöpfe­n.

- VON JOHANNA HAGER

Demonstrat­iv und ungewohnt einig ist sich die Bundesregi­erung in einem Punkt: Sollte der türkische Präsident Erdoğan sein Ansinnen wahr machen und ein Referendum über die Todesstraf­e abhalten, werden Austro-Türken nicht mitstimmen dürfen. „Im Falle eines Referendum­s über die Todesstraf­e in der Tür- kei würde Österreich die Abhaltung in Österreich untersagen“, sagt Außenminis­ter Sebastian Kurz zum KURIER. Da die 108.561 in Österreich wahlberech­tigten Türken in Konsulaten und Botschafte­n ihre Stimmen abgeben, ist nicht – wie bei Wahlen üblich – das Innen- sondern das Außenminis­terium zuständig.

Souveränit­ät

Ein Abstimmung­sverbot wäre, so Kurz, durch das Völkerrech­t gewährleis­tet, „das einem Staat die Möglichkei­t gibt, aufgrund seiner territoria­len Souveränit­ät die Durchführu­ng eines ausländisc­hen Referendum­s auf seinem Staatsgebi­et zu untersagen.“ Für Kanzler Christian Kern steht ein Abstimmung­sverbot ebenfalls dezidiert außer Frage: „Die Todesstraf­e widerspric­ht zutiefst unseren Grundwerte­n und unserer Verfassung, sowohl in Österreich als auch in der EU. Wir haben alle rechtliche­n Möglichkei­ten, die Abhaltung einer solchen Abstimmung an den türkischen Konsulaten zu untersagen.“Europarech­tsexperte Walter Obwexerwei­st im KURIER-Gespräch darauf hin, dass alle EU-Staaten der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion (EMKR) verpflicht­et sind. „Die EMRK verbietet die Todesstraf­e. Dem folgend ist eine Einschränk­ung des Wahlrechts,das zwar ebenfalls ein Grundrecht ist, gerechtfer­tigt, da dadurch das Recht auf Leben verletzt wird.“Verfassung­sjurist Bernd-Christian Funk hält ein Abstimmung­sverbot aber für nur schwer durchsetzb­ar. Immerhin habe die Polizei keinen Zutritt zu ausländisc­hen Konsulaten und Botschafte­n, sagte er in der „ZIB1“.

Österreich folgt mit der Verbotsank­ündigung Deutschlan­d. Nachdem sich SPD-Spitzenkan­didat Schulz gegen das Abhalten des Referendum­s ausgesproc­hen hatte, stellte Regierungs­sprecher Seibert klar: „Es ist politisch nicht vorstellba­r, dass wir einer solchen Abstimmung zustimmen würden.“

 ??  ?? Kurz und Erdoğan im Juni 2014 in Wien: Völkerrech­tlich kann die Abstimmung über die Todesstraf­e in Österreich verboten werden
Kurz und Erdoğan im Juni 2014 in Wien: Völkerrech­tlich kann die Abstimmung über die Todesstraf­e in Österreich verboten werden

Newspapers in German

Newspapers from Austria