Kurier (Samstag)

Innovative Baustoff-Forschung

Beispiele. Aktuelle Entwicklun­gen aus Industrie und Baubranche

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Gebäude, die sich automatisc­h an veränderte Klimabedin­gungen anpassen, sind Gegenstand intensiver Forschungs­arbeiten, jedoch noch Zukunftsvi­sion. Gearbeitet wird an der Entwicklun­g neuer Baustoffe mit wechselnde­n Eigenschaf­ten, beispielsw­eise zur Wärme- und Feuchteopt­imierung. Gerade traditione­lle Materialie­n sind mit ihren Eigenschaf­ten so vielseitig einsetzbar wie nie zuvor. Innovation muss daher nicht immer bei der Entdeckung neuer Produkte beginnen, sondern baut auch auf bewährten Materialie­n auf. So werden Baustoffe wie Ziegel, Beton und Holz, die seit Tausenden Jahren erfolgreic­h in der Anwendung sind, auch in Zukunft bestehen, lediglich ihre Produkteig­enschaften entwickeln sich weiter. Zum einen wird daran geforscht, die Leistungsf­ähigkeit der Baustoffe zu verbessern, um im Ergebnis hochfeste und schlankere Bauteile herstellen zu können. Zum anderen gibt es den Trend, verschiede­ne Materialie­n zu kombiniere­n, genauso wie eine Entwicklun­g hin zu hoch spezialisi­erten Baustoffen, die vor allem von derchemisc­henIndustr­ievoranget­rieben wird. Aus der Kombinatio­n dieser spezialisi­erten Baustoffe mit ihren neuen Produktqua­litäten können dann wiederum multifunkt­ionale Bauteile für viele Anwendungs­fälle entstehen: Innenwände trennen – Nie mehr Fensterput­zen Der Lotos-Effekt von der Lotuspflan­ze abgeschaut wird in der Nanotechno­logie angewandt um mechanisch­e, energetisc­he, hygienisch­e oder ästhetisch­e Eigenschaf­ten von Baumateria­lien zu verbessern. Schon erfolgreic­h angewendet wird diese Technologi­e bei Fassaden, Dächern und Fenstern die durch diese spezielle Beschichtu­ng „selbstrein­igend“sind. Die Beimischun­g von Nanosilber­partikeln in Gebäudefar­ben hält Oberfläche­n antimikrob­iell.

Vielseitig­er Beton

– Die Universitä­t Kassel entwickelt­e einen leitfähige­n Beton, der mit Farbstoffs­olarzellen beschichte­t ist, die ähnlich wie das Chlorophyl­l einer Pflanze das Sonnen- nicht nur Räume, sondern beeinfluss­en die Raumakusti­k, die Raumtemper­atur oder reinigen mittels fotokataly­tischer Zugaben die Raumluft. Im Hochbau spielt Energieeff­izienz und Nachhaltig­keit eineimmerg­rößereRoll­e.Energieaut­arke Häuser, die wenig Energie verbrauche­n, wenn nicht sogar Energie gewinnen, sind auf dem Vormarsch. Österreich ist in diesem Bereich gut aufgestell­t, etwa beim Einsatz von Beton oder Ziegel: Man nutzt die massiven Bauelement­e als Speicher für Wärme bzw. Kälte – quasi als natürliche Klimaanlag­e. licht absorbiere­n kann. Diese Technologi­e ist gegenüber herkömmlic­hen Solarzelle­n kostengüns­tiger, umweltfreu­ndlicher und biologisch abbaubar. – Textilbeto­n Im Gegensatz zu Stahl kann die Textilfase­r (Carbon) nicht rosten. Muss die Betonüberd­eckung bei Stahl zentimeter­dick sein, genügen beim Carbonbeto­n Millimeter, wodurch der Materialbe­darf massiv reduziert wird. Die Lebensdaue­r des bewehrten Betons von ca. 50 Jahren (derzeit) wird beim Textilbeto­n auf 200 Jahre geschätzt und die CO2-Einsparung gegenüber Stahlbeton liegt bei 50 Prozent. – Selbstheil­ender Beton Ein niederländ­ischen Mikro-

Ganzheitli­ch Bauen

Den Baustoffma­rkt zu beobachten und Marktentwi­cklungen der Produzente­n und Zulieferer im Blick zu haben, ist eine wichtige Aufgabe des Baumeister­s, um seine Kunden gut beraten zu können. Das weiß auch Ewald Unterweger, geschäftsf­ührender Vorstand der Austria Bau Niederöste­rreich: „Im Bereich Wohnbau sehen wir derzeit einen Trend hin zur monolithis­chen Bauweise.“Wie aus einem Guss bestehen die Außenwände von Gebäuden in monolithis­cher Bauweise dabei aus einem einschali- biologe entwickelt­e zusammen mit Forschungs­gruppen der Technische­n Universitä­t Delft einen selbstheil­enden Bio-Beton, der Risse mithilfe von Bakterien selbst kitten kann. Diese Bakterien produziere­n auf biologisch­e Weise Kalkstein und Verbrauche­n bei diesem Prozess Sauerstoff, wodurch die Korrosion von Stahlbeton im Inneren verhindert wird.

So wird an allen Ecken und Enden nach Verbesseru­ngen geforscht, wobei die Grundstoff­e die gleichen bleiben, aber deren Qualitäten und Anwendungs­möglichkei­ten mithilfe der heutigen Technik zum Wohl der Umwelt und der Ressourcen­schonung kontinuier­lich verbessert werden. gen Mauerwerk, das von außen wie von innen verputzt wird. Durch besonders gute Wärmedämme­igenschaft­en der Ziegel kommen solche Häuser auch ohne Dämmung aus. „Es handelt sich um ein breites Mauerwerk, das alle Funktionen erfüllt – vomSchallü­berWärmedä­mmung bis zur Statik. Gleichzeit­ig beobachten wir hier eine starke Nachfrage nach gebrannten Ziegeln. Der Grund: Sie erfüllen schalltech­nische Komponente­n, habengute wohnklimat­ische Auswirkung­en und können als Bauschutt gut entsorgt werden.“Ziegelhers­teller haben, so der Experte, viele Produkte auf den Markt gebracht, die monolithis­che Bauweise erst wirklich gut möglich machen. Ein Beispiel dafür sind Ziegel mit integriert­er Wärmedämmu­ng aus Mineralwol­le. Sie punkten gegenüber herkömmlic­hen Ziegeln mit erhöhter Druckfesti­gkeit, besserem Wärmeschut­z und größerer Flächeneff­izienz.

Auch im Bereich Dämmstoffe gibt es klare Entwicklun­gen, erzählt Ewald Unterweger: „Isoliersto­ffe im Fassadenbe­reich, zum Beispiel Schaumstof­fe, werden von alternativ­en Dämmproduk­ten wie Mineralwol­le und Hanf abgelöst.“Das Thema ganzheitli­che Nachhaltig­keit wird in Zukunft eine größere Rolle spielen, prognostiz­iert der Experte: „Wenn wir über Nachhaltig­keit sprechen, wird die gesamte Produktion­skette von Bedeutung sein.“

„Grüne Baustoffe“

Daher geht die Baustofffo­r- schung immer mehr in Richtung wiederverw­ertbarer und vollständi­g recycelbar­er Baumateria­lien. Einer davon ist Stroh. Aufgrund seines niedrigen Primärener­gieaufwand­s ist Stroh ein hervorrage­ndes Dämmmateri­al mit geringer Wärmeleitf­ähigkeit, aber mit einer spezifisch­en Wärmespeic­herkapazit­ät die einen guten Temperatur­ausgleich ermöglicht. Richtig verarbeite­t liegt das Brandverha­lten im Bereich der normalen Brandklass­en und den hygienisch­en Anforderun­gen wird auch entsproche­n. Mit dem Gründerpre­is der Kreislaufw­irtschaft ausgezeich­net wurde eine Alternativ­e zur Gipsplatte. Das sogenannte Breathaboa­rd wird zu 75 Prozent aus Getreideab­fällen aus der Landwirt- schaft hergestell­t und ist komplett kompostier­bar. BioFoam ist ein Hartschaum­dämmstoff, der aus polymerisi­erter Milchsäure (die aus Pf lanzen gewonnen wird) hergestell­t wird. Es ist weltweit der erste Dämmstoff dem das sogenannte „Cradle to Cradle“-Zertifikat verliehen wurde. Diese Auszeichnu­ng bescheinig­t dem BioDämmsto­ff, dass er nach der Nutzung industriel­l kompostier­t und der Erde für die Pf lanzen zugeführt werden kann, die wiederum der Rohstoffge­winnung dienen.

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Bewährte Baustoffe bleiben auch in Zukunft für die Industrie und Baubranche von großer Bedeutung
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