Kurier (Samstag)

Telefon-Terror legt Wiener Schlüsseld­ienste lahm

Mit einer neuen Masche versuchen mutmaßlich­e Kriminelle, die Geschäfte von seriösen Aufsperrdi­ensten zu blockieren

- VON KID MÖCHEL

Für viele Dienstleis­tungsfirme­n ist eine gute Platzierun­g bei der Internet-Suchmaschi­ne Google ganz wichtig – so auch für Aufsperrun­d Schlüsseld­ienste. Daher nehmen diese Unternehme­n zum Teil viel Geld in die Hand, um bei der Google-Suche ganz oben aufzuschei­nen. Doch nun wird es kriminell.

„Seit vier, fünf Wochen werden Wiener Aufsperrdi­enste, die sich bei Google ganz nach vorne reihen lassen, mit sogenannte­n Terrorcall­s lahmgelegt“, sagt Georg Senft, Innungsmei­ster der Metalltech­niker in der Wirtschaft­skammer Wien, zum KURIER. „Alle 15 bis 30 Sekunden wird dabei die Telefonnum­mer des Schlüsseld­ienstes offenbar mithilfe von Computern angerufen, dadurch wird das Firmentele­fon blockiert.“Gesprochen wird dabei in der Regel nichts, aber das Unternehme­n kann telefonisc­h keine Aufträge mehr entgegenne­hmen.

Unternehme­r auch bedroht

Sobald die Opfer-Firmen bei Google aber wieder nach unten rutschen, endet die TelefonBlo­ckade. „Ich habe die Einschaltu­ng bei Google eine Stunde nach Beendigung der Blockade wieder aktiviert, schon wurde ich wieder bombardier­t“, gab ein verzweifel­ter Schlüsseld­ienst-Inhaber bei der Wiener Polizei zu Protokoll. Im schlimmste­n Fall werden die Unternehme­r laut Innungsmei­ster Senft am Telefon sogar bedroht.

„Eine Computerst­imme teilte einem Firmeninha­ber mit, wir haben dich gewarnt, wir zünden dein Geschäft an“, erzählt der Experte. Der Bedrohte fürchtet seitdem „um sein Leben“. Er will bei Google keine Werbung mehr schalten lassen. „Vermutlich bedeutet das auch, dass ich meine Firma schließen muss“, sagte der bedrohte Schlosser zur Polizei. Aufgrund des Schocks ist er derzeit nicht in der Lage zu arbeiten.

Wer steckt dahinter?

Damit wirft sich die Frage auf: Wer sind diese Täter? „Es stecken internatio­nale Leute dahinter“, sagt Senft. Aber genau weiß man das nicht. Eine Rückverfol­gung der „Terrorcall­s“ist nicht möglich, weil die inländisch­en Handynumme­rn, die dabei aufscheine­n, nicht existieren. In einem Fall wurde eine rumänische Nummer angezeigt, aber auch die gibt es nicht.

Ob zwischen dem Telefonter­ror und den dubiosen Aufsperran­geboten eines in Wienlebend­en Tschetsche­nen ein Zusammenha­ng besteht, ist unklar. Dessen Aufsperr-Notrufnumm­ern führen zu deutschen Callcenter­n.

„Er bewirbt seine Aufsperrdi­enste mit Dumpingpre­isen. Jedem Konsumente­n muss klar sein, dass für fünf Euro keine Aufsperrun­g erfolgen kann“, sagt Senft. „Verlangt werden dann vor Ort aber 700 bis 800 Euro und mehr.“Üblich sind hingegen 150 bis 200 Euro, am Samstagabe­nd können es auch 300 Euro wer- den. Die Opfer, die nicht so viel Bargeld zu Hause haben, werden von den unseriösen Handwerker­n sogar zum Bankomaten begleitet, oder die Täter nehmen dem Kunden den Reisepass oder das Handy als Pfand ab. Am nächsten Tag kommen die Täter wieder und kassieren den Rest ab.“

Mutmaßlich kriminell ist dabei nicht nur der bezahlte Preis, sondern auch die stümperhaf­te Wohnungsöf­fnung. „Sie zerstören dabei meist Schlösser und Türen“, sagt Senft. „Oft haben sie gar kein Profiwerkz­eug mit, leihen sich das Werkzeug bei einem Wohnungsna­chbarn oder haben bloß ein Brecheisen dabei.“

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Seriöse Handwerker bieten Konto-Zahlung an
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