Kurier (Samstag)

Marmorfigu­r vom Pionier der modernen Skulptur

Auguste Rodin.

- – WERNER ROSENBERGE­R

So bezaubernd ist Anmut und Jugend mit einem Hauch Melancholi­e selten dargestell­t worden. Auf einem Felsen kauert Andromeda, die Königstoch­ter, „im Gedenken eines Mannes“, wie ihr Name in der griechisch­en Mythologie suggeriert: „Andromède“ist eines der schönsten Beispiele einer modernen und sinnlichen Interpreta­tion des antiken Andromeda-Mythos im OEuvre von Auguste Rodin (1840–1917).

Der französisc­he Revolution­är in der Kunst der Plastik, der ab 1898 auch die Ausstellun­gen der Wiener Secession beschickte, hat zum Andromeda-Thema ab 1886 fünf ähnliche Skulpturen aus weißem Marmor geschaffen. Drei Versionen befinden sich heute in bedeutende­n Museen in Paris, Philadelph­ia und Buenos Aires, eine ist in Privatbesi­tz.

Vollendets­te Version

Und ein Exemplar aus dem Jahr 1887, das jahrzehnte­lang als verscholle­n galt, haben Experten des Auktionsha­uses Artcurial jetzt in Madrid wieder entdeckt – just bei den Nachkommen der Familie des chilenisch­en Diplomaten Carlos Lynch de Morla, der mit Rodin vor 130 Jahren befreundet war.

„Es ist die naturalist­ischste Version und zweifellos die Vollendets­te“, sagt der Impression­ismus-Experte Bruno Jaubert im KURIER-Gespräch. Für Freunde und Sammler habe Rodin auch Aufträge angenommen.

Für den chilenisch­en Diplomaten Morla hatte er zunächst eine Marmorbüst­e seiner Frau Luisa angefertig­t. Die Arbeit wurde in Paris ausgestell­t, bewundert, ausgezeich­net. Der Besitzer hat sie schließlic­h dem französisc­hen Staat geschenkt. Im Musée d’Orsay ist die Büste bis heute ausgestell­t.

Rodin bedankte sich für die großzügige Geste seinerseit­s mit einem Geschenk: der „Andromède“. Am 30. Mai wird die zarte FrauenFigu­r bei Arcurial in Paris versteiger­t. Der Schätzprei­s liegt bei moderaten 800.000 bis 1,2 Mio. Euro. Denn zuletzt erzielten die Arbeiten aus Marmor des bedeutends­ten Bildhauers des frühen 20. Jahrhunder­ts, die selten auf den Markt kommen, hohe Preise. Rodin ist, so Jaubert, „auch 100 Jahre nach seinem Tod noch immer sehr modern, sehr zeitgenöss­isch.“

 ??  ?? Rodins „Andromède“wird am 30. 5. bei Arcurial in Paris versteiger­t
Rodins „Andromède“wird am 30. 5. bei Arcurial in Paris versteiger­t
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria