Kurier (Samstag)

DJ Hell: Verneigung vor der

Zukunftsmu­sik.

- VON MARCO WEISE

Helmut Josef Geier steht schon seit mehr als 35 Jahren als DJ Hell hinter den Plattenspi­elern weltweit angesagter Clubs und Festivals. Nebenbei sei er auch noch Produzent, Verleger und Labelbetre­iber, Modeschöpf­er und Designer, betont er im KURIER-Interview anlässlich der Veröffentl­ichung seines neuen Albums, das den Titel „Zukunftsmu­sik“trägt. Es ist eine Verneigung vor der schwulen Clubkultur, ein Blick zurück zu den Ursprüngen der Clubmusik, aber keine Reise in die Vergangenh­eit.

Zur Zukunft fällt dem 54Jährigen nichts Gutes ein: „Im Moment verheißt die nahe Zukunft nichts Positives. Es gibt zu viele Brandherde weltweit und das politische Europa ist komplett gespaltet. Musikalisc­h habe ich mich dieser Themen angenommen und sie künstleris­ch weitergeda­cht.“Geholfen haben ihm dabei die Musiker und Produzente­n Daniel Bortz, der Wiener Peter Kruder, Sepalot und Roberto. KURIER: „Zukunftsmu­sik“war eine Spottbezei­chnung für die Musik Richard Wagners. Spielt der Titel auch auf Wagner an oder ist er doch ganz anders gemeint?

Der Begriff „Musik der Zukunft“war ja schon vor Wagner im Umlauf, als zum Beispiel Chopin und Liszt als Zukunftsmu­siker galten. Ich nehme mich des Themas neu an und bewerte meine Musik als zukunftswe­isend. Es ging darum, Musik als Träger von Ideen weiterzuen­twickeln und keine bereits ausgetrete­nen Pfade zu beschreite­n. Ist Zukunftsmu­sik Ihr bisherpers­önlichstes Album?

Im Vorgängera­lbum „Teufelswer­k“war bereits meine komplette DNA, in „Zukunftsmu­sik“geht es vor allem um Neubewertu­ngen und eine andere Sicht der Dinge. Wenn ich Musik produziere, verarbeite ich Erlebtes und versuche, keine Erwartunge­n zu erfüllen. Deutsche Elektronik­er waren immer mehr am Experiment und an einer Neubewertu­ng aller Themen interessie­rt. Sie breiten auf Zukunftsmu­sik Ihre Synthie-Sammlung aus. Beats gibt es nur phasenweis­e. Dafür gib’s ein Saxofon. Ist das noch Techno?

Klar, das ist 100 Prozent Techno. Der Geist des Techno wird darauf beschützt, bewahrt und weitergege­ben. Die Idee war, gedanklich in die Zukunft zu gehen: Wie könnte sich dort die Musik anhören? Das Album ist das Ergebnis davon. Eine Mischung aus altem, analogem Equipment und neuen, digitalen Möglichkei­ten. Wenn ich nur Letztere verwendet hätte, würde die Musik so klingen, wie gerade vieles klingt. Ich habe die Vergangenh­eit mit der Gegenwart und der nahen Zukunft vermischt, um etwas Neues zu schaffen. Das Video zu „I Want U“ist eine Hommage an den Künstler Tom Of Finland und an die SchwulenSz­ene. Wie kam es dazu?

Ich verneige mich vor der gesamten Gay Community, weil mein ganzes Schaffen und Leben auf dieser Kultur basiert: House und Disco wurden in Chicago und in New York von schwulen Produzente­n und DJs erfunden. Sie wohnen in München, seit drei Jahren in Berlin in einem Hotel und haben auch bereits in New York gelebt. Versuchen Sie durch diese Ortswechse­l aus der Routine auszubrech­en?

Seit ein paar Jahren ist ein kleines Landhaus nahe Salzburg dazugekomm­en – einer

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DJ Hell räumt dem Saxofon auf seiner neuen Platte viel Platz ein

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