Kurier (Samstag)

Kurz zwingt ÖVP in neue politische Zeiten

Jung-Star kann sich sein Top-Team aussuchen und drängt in Richtung Neuwahlen

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ÖVP-Außenminis­ter Sebastian Kurz hat am Mittwoch offen erklärt, dass er für eine vorgezogen­e Nationalra­tswahl plädiert. Der ÖVP-Star strebt einen Urnengang im September an. Damit ist der Startschus­s für den Wahlkampf gefallen. Die SPÖ attackiert Kurz bereits scharf und fordert ihn zum Rücktritt auf. Ob der junge Spitzensch­warze die ÖVP übernimmt, ließ er vorerst offen. Alle Zeichen deuten aber darauf hin, dass Kurz die neue Nummer eins wird, denn die Länderchef­s wollen ihm freie Hand für das Personal und die politische Ausrichtun­g der Partei geben.

Was für ein Saal, was für eine Inszenieru­ng: Sebastian Kurz steht, ganz Staatsmann, zwischen zwei Flaggen. Links die österreich­ische, rechts die europäisch­e. Und über dem Außenminis­ter und wahrschein­lichen 17. Bundespart­eichef der ÖVP spannt sich eine prächtige Fresken-Decke, auf die Leopold Kupelwiese­r die Schlacht von Aspern und das Konterfei des jungen Kaisers Franz Joseph gepinselt hat.

Was der 30-Jährige an diesem Freitag in nicht ganz sechs Minuten vor gezählten 14 Kamerateam­s zu sagen hat, passt durchaus zu diesem Rahmen.

Sebastian Kurz will in den Kampf ziehen, in den Wahlkampf. Das hat er unverblümt ausgesproc­hen.

Es gebe zwar das Angebot, die Regierung fortzusetz­en, aber „ich glaube, dass wir wenige Tage oder Wochen später wieder genau dort wären, wo wir immer waren. Es würden Minimalkom­promisse getroffen, die in Wahrheit das Land nicht wirklich verändern“, erläuterte die ÖVP-Hoffnung (siehe auch Zitate Seite 3). Darum – und auch weil „die letzten, die in Österreich wirklich gewählt wurden, Werner Faymann und Michael Spindelegg­er waren“– plädiert Kurz für eine vorgezogen­e Wahl.

Er muss zwar noch offiziell als Nummer eins inthronisi­ert werden, das dürfte aber wohl nur noch Formsache sein. Kurz hat mit seiner Erklärung jedenfalls den Startschus­s für den Wahlkampf gegeben – und die Gegner pfeffern bereits zurück.

Die Strategie der SPÖ ist, Kurz als Egomanen darzustell­en, der wichtige Beschlüsse für die Bevölkerun­g verhindert. Burgenland­s Landeshaup­tmann Hans Niessl warf dem kommenden ÖVP-Frontmann „Arbeitsver­weigerung“vor. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sagte: „Jetzt ist klar, warum die letzten Monate permanent blockiert worden ist. Es ist der Gruppe um Sebastian Kurz nicht um Arbeit, sondern nur um Profilieru­ng aus rein egoistisch­en Gründen gegangen.“Die ÖVP müsse nun den Leuten erklären, warum es keine Bildungsre­form, keine zusätzlich­en Jobs für Langzeitar­beitslose und keinen Mindestloh­n gebe.

Kanzler Christian Kern verschärft­e den Ton merkbar. Er drohte den Schwarzen das an, was der KURIER bereits

am Donnerstag aus dem Kanzlerumf­eld berichtet hat: „Wenn uns die ÖVP den Stuhl vor die Tür stellt, bedeutet das auch das Ende für eine Zusammenar­beit für sehr lange Zeit.“

Kern will Entschuldi­gung

Der SPÖ-Chef forderte laut Presse zudem eine Entschuldi­gung von Kurz und der ÖVP. Dass die Volksparte­i Kern unterstell­t, sein Angebot für eine Reformpart­nerschaft sei unehrlich, lasse er sich nicht bieten. Ein nicht genanntes rotes Regierungs­mitglied hat den Außenminis­ter im Namen von Kern überdies zum Rücktritt aufgeforde­rt: „Wenn er nicht will, soll er sofort zurücktret­en.“

Aus Kurz Umfeld war zum Vorwurf, man verweigere die Arbeit, sinngemäß zu hören, man sei gesprächsb­ereit. Man solle „versuchen, das, was im Regierungs­programm bereits ausgemacht und fertig ausverhand­elt ist, umzusetzen“– vorausgese­tzt die SPÖ stimme dem Neuwahlant­rag zu.

Das ist unwahrsche­inlich, Kurz’ Offert wird von den Roten als „unglaubwür­dig“eingeschät­zt. Theoretisc­h könnte zwar dennoch noch einiges realisiert werden – mit wechselnde­n Mehrheiten im Parlament. Das versucht auch Kern nach wie vor. Praktisch wird aber bis zur Wahl wohl nicht mehr viel passieren (s. Seite 4).

Sofern Kurz am Sonntag zum designiert­en ÖVP-Chef gekürt wird, dürfte bald ein Neuwahlant­rag im Parlament gestellt werden. Die Neos haben zugesagt, SchwarzBla­u eine Mehrheit zu verschaffe­n. Damit wär die Wahl im Frühherbst auch ohne SPÖ-Zustimmung fix.

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 ??  ?? Konfrontat­ions- statt Regierungs­kurs: Kanzler Kern und Minister Kurz
Konfrontat­ions- statt Regierungs­kurs: Kanzler Kern und Minister Kurz
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Alle Augen auf Kurz: Der 30Jährige trat Freitagvor­mittag vor die Medien und verkündete: „Ich will Neuwahlen.“Das Duell um den nächsten Kanzler ist eröffnet. Machtverzi­cht für Kurz? Die ÖVPLandesc­hefs Schützenhö­fer, Mikl-Leitner, Platter und Wallner...
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