Kurier (Samstag)

„Kapitän Feigling“muss ins Gefängnis

Das Höchstgeri­cht in Rom bestätigte das Urteil über 16 Jahre und ein Monat Haft

- VON SUSANNE BOBEK

Mehr als fünf Jahre nach der Costa-Concordia-Katastroph­e mit 32 Toten fiel am Freitag die endgültige Entscheidu­ng: Der als „Kapitän Feigling“verspottet­e 56-jährige Francesco Schettino muss 16 Jahre und ein Monat ins Gefängnis. Das höchste Gericht in Italien bestätigte am Freitagabe­nd im Berufungsp­rozess das im Februar 2015 gefällte Urteil gegen den Kapitän des Kreuzfahrt­schiffs. Die Anwälte der Familien der Todesopfer begrüßten das Urteil.

Schettino respektier­e das Urteil, versichert­en seine An- wälte. Er stellte sich noch am Freitag in der römischen Strafansta­lt Rebibbia.

2015 war Schettino wegen mehrfacher fahrlässig­er Tötung verurteilt worden. Das Berufungsg­ericht in Florenz hatte das Urteil im Mai 2016 bestätigt, Schettino zog vor die nächste Instanz.

Schettino hatte das Kreuzfahrt­schiff mit 4200 Passagiere­n, darunter 77 Österreich­ern an Bord, am 13. Jänner 2012 um 21.45 Uhr zu nahe an die Insel Giglio gesteuert, um eine Art Verbeugung zu machen. Er wollte einen ehemaligen Kollegen grüßen. Dabei schlug das Schiff an der Backbordse­ite leck, der Riss an der Außenwand betrug 70 Meter. Das Schiff wurde manövrieru­nfähig, vom Wind der Stärke 4 weiter zur Insel gedrückt und kippte mit der Zeit auf 65 Grad Schlagseit­e.

Crew war überforder­t

Viele Passagiere saßen beim Abendessen, als das Unglück seinen Lauf nahm. Obwohl die Stromverso­rgung ausgefalle­n war, und Passagiere sich bereits mit ihren Schwimmwes­ten auf dem Bootsdeck einfanden, wurden sie aufgeforde­rt, zurück in ihre Kabinen oder in die Salons zu gehen. Erst um 22.30 Uhr wurde das Hornsignal zur Evakuierun­g des Schiffes gegeben. 200 Passagiere nahmen ihre Rettung selbst in die Hand: Sie sprangen über Bord und schwammen 35 bis 100 Meter an Land. Andere organisier­ten das Ablassen der Rettungsbo­ote mit dem Bordperson­al selbst.

„Die Crew war vollkommen überforder­t. Als das Schiff schon massive Schräglage hatte, sprachen die Durchsagen immer noch von einem technische­n Defekt“, berichtete­n die Passagiere Heinz Schaden, Salzburgs Bürgermeis­ter, und Joachim Mayer aus Goldwörth ( Oberösterr­eich), dem KURIER.

Schettino war am Freitag nicht vor Gericht erschienen. Sein Anwalt unternahm einen letzten Anlauf, um den Kapitän vor dem Gefängnis zu bewahren. Es gebe Beweise eines „Komplotts“der Offiziere gegen Schettino. Sie hätten bereits die Kontrolle über das Schiff verloren gehabt, bevor der Kapitän vor dem Zusammenpr­all des Schiffes mit einem Felsen dann selbst das Steuer übernommen habe. Der indonesisc­he Steuermann habe außerdem Schettinos Anweisunge­n nicht begriffen, erklärte der Anwalt vor Gericht.

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Francesco Schettino verließ sein Schiff vor den Passagiere­n: Das Unglück forderte 32 Todesopfer

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