Kurier (Samstag)

1047 Austro-Türken werden überprüft

Polizei übermittel­te den Behörden Liste möglicher Doppelstaa­tsbürger / Verfahren werden eingeleite­t

- VON BERNHARD ICHNER

Aufsehen erregt eine Liste möglicher österreich­ischtürkis­cher Doppelstaa­tsbürger, die das Wiener Landesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (LVT) amDonnerst­ag an die zuständige MA 35 übermittel­te. Sie enthält 1047 Namen von Personen, die 2015 in der Türkei wahlberech­tigt waren. Aufgabe der Behörde ist es nun, zu ermitteln, ob die Genannten überhaupt österreich­ische Staatsbürg­er sind – und wenn dies der Fall ist, eine etwaige illegale Doppelstaa­tsbürgersc­haft nachzuweis­en.

Da nur 162 der 1047 angeführte­n Personen in Wien gemeldet sind, wurde die Liste auch an die anderen betroffene­n Bundesländ­er weitergele­itet. Für Montag hat die Stadt zu einem Ländertref­fen eingeladen, um die Informatio­nen anzugleich­en.

Ermittelt werde dann in mehrereRic­htungen, heißt es seitens der MA 35. Zum einen werde man das Außen- ministeriu­m bitten, auf diplomatis­chem Wege in der Türkei Erkundigun­gen einzuholen und zugleich auch selbst die türkischen Behörden anschreibe­n – was erfahrungs­gemäß eine Sackgasse sei, da man auf derlei Anfragen üblicherwe­ise keine Antworten erhalte.

Zum anderen werde man die Betroffene­n einladen, an der Aufklärung selbst mitzuwirke­n. Diese werden aufgeforde­rt, einen Auszug aus dem türkischen Personenst­andsregist­er (Nüfüs Kayit Örnegi) vorzulegen. Dazu zwingen könne man zwar niemanden, sagt Abteilungs­leiter Werner Sedlak. Ermittlung­sergebniss­e ließen sich aber auch auf anderen Wegen erzielen. So werde etwa eruiert, ob im Rahmen etwaiger anderer Verfahren türkische Papiere vorgelegt wurden.

Wie besagte Liste zustande gekommen ist und warum sich ausgerechn­et diese 1047 Namen darauf befinden, ist noch unklar. Fakt ist bloß, dass die Zusammenst­ellung das Nebenprodu­kt einer polizeilic­hen Ermittlung in Niederöste­rreich ist.

„Wir haben die Liste vor wenigen Tagen im Zuge einer Amtshandlu­ng erhalten und sie an die zuständige­n Behörden weitergele­itet“, erklärt der Leiter des LVTNÖ, Roland Scherscher. Die Amtshand- lung habe jedoch nichts mit der Liste zu tun gehabt.

FPÖ übergibt Listen

Am Montag wollen auch FPÖ-Chef HC Strache und Wiens FP-Vizebürger­meister Johann Gudenus die ihnen vorliegend­en türkischen Wählerregi­ster an Stadtchef Michael Häupl und den für die MA 35 zuständige­n Stadtrat Jürgen Czernohors­zky (SPÖ) übergeben.

Da die Freiheitli­chen nur die Verzeichni­sse der türkischen Generalkon­sulate in Wien und Salzburg (nicht aber aus Bregenz) besitzen, handle es sich um rund 96.000 Namen, erklärt ein Sprecher. Insgesamt enthält die Liste aller wahlberech­tigten Türken in Österreich 107.877 Personen – 66.382 sind beim Generalkon­sulat Wien registrier­t, 29.602 beim Salzburger und 11.893 beim Bregenzer. Alle drei Wählerverz­eichnisse liegen dem Grünen Peter Pilz vor – der sie aber erst den Behörden übergeben will, wenn das Ministeriu­m eine Garantie abgibt, dass alle ihre Staatsbürg­erschaft behalten, die ohne Vorsatz – etwa, weil sie Kinder waren – einen zusätzlich­en türkischen Pass bekommen haben. Auch im Fall der „FPÖ-Listen“muss erst geklärt werden, wer sowohl in der Türkei, als auch in Österreich wahlberech­tigt ist – und wie es dazu kam. Bei den Freiheitli­chen schätzt man, dass bundesweit rund 20.000 und allein in Wien 10.000 illegale Doppelstaa­tsbürger leben.

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Die Behörden müssen Berge von Akten sichten, um festzustel­len, wer tatsächlic­h illegaler Doppelstaa­tsbürger ist

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