Kurier (Samstag)

Geisel sechs Stunden festgehalt­en

28-Jähriger verschanzt­e sich mit einem Taxifahrer in einer Bankfilial­e. Unblutiges Ende gegen 15.30 Uhr

- VON THOMAS SENDLHOFER UND JOHANNA KREID

„Seien wir froh, dass es gut ausgegange­n ist“, sagte ein sichtlich mitgenomme­nerTaxiunt­ernehmer aus St. Johann in Tirol. Knapp sechs Stunden lang wareiner seiner Fahrer in der Gewalt eines Geiselnehm­ers, der sich von ihm zur Bankfilial­e im Kirchdorfe­r Ortsteil Erpfendorf (Bezirk Kitzbühel) bringen hatte lassen. Der Verdächtig­e, ein 28-jähriger Einheimisc­her, drohte mit einer Schusswaff­e und vermeintli­chen Sprengfall­en.

Gegen 15.30 Uhr gab es dann Entwarnung: Der Mann erkannte die Aussichtsl­osigkeit der Lage und gab auf. Von einer „Verzweiflu­ngstat“und einer „Kurzschlus­shandlung“sprach Tirols Landespoli­zeidirekto­r Helmut Tomac. Die angebliche Waffe stellte sich als Softgun heraus. Beim „Sprengstof­f“handelte es sich um Attrappen.

Begonnen hat der PolizeiGro­ßeinsatz mit mehr als 200 Beamten bereits gegen 9.30 Uhr. Als die ersten Beamten eintrafen, war zunächst nicht klar, ob sich der Täter noch in der Filiale befand, oder nicht. Kurze Zeit später stand fest: Der Verdächtig­e war immer noch im Gebäude – und er hatte eine Geisel genommen.

Evakuierun­gen

Zahlreiche Erpfendorf­er, die rund um die Bankfilial­e wohnen, erlebten bange Momente. Nach und nach sah man im Ortszentru­m schwer bewaffnete Polizisten in schusssich­eren Westen, die Personen aus der Gefahrenzo­ne brachten. Aloisia Auer, die aus einem Haus in Sichtweite zur Bank evakuiert wurde, sag- te: „Hoffen wir, dass das gut ausgeht.“Sie beobachtet­e die Szenerie, als die Polizei anrückte. „Als Erstes schaut man natürlich auf die Bank. Dort waren schon die Jalousien herunterge­lassen“, erinnerte sich Auer. Auch Kindergart­enkinder und Schüler wurden in Sicherheit gebracht.

„Ich habe gerade gearbeitet, als mir die Elternspre­cherin der Schule meiner Kinder ein SMS geschickt hat, dass wir unsere Kinder heute nicht von der Schule abholen können. Dann mussten wir auch noch unser Hausverlas­sen. Ich hatte schon ein bisschen Panik“, schilderte Alexandra Dürnberger. Sohn Moritz und Tochter Pia fanden den Trubel mit den schwer bewaffnete­n Polizeiein­heiten hingegen offensicht­lich aufregend.

Kontakt zum Täter

Rund eine halbe Stunde nach Beginn der Geiselnah- me gelang es den Spezialist­en erstmals, mit dem Verdächtig­en zu sprechen. Die Landespoli­zeidirekti­on Tirol richtete einen Einsatzsta­b ein. Auch die Spezialein­heit Cobra war vor Ort.

Das Taxi, mit dem sich der Verdächtig­e, von seiner Geisel chauffiere­n ließ, wurde inzwischen von Cobra-Männern vom Parkplatz vor der Bankfilial­e weggerollt. Währenddes­sen drehte Kirchdorfs Bürgermeis­ter Gerhard Obermüller seine Runden im Ort. Er hatte für den Fall vorgesorgt, dass die Geiselnahm­e länger dauern sollte: „Wenn es Bedarf gibt, haben wir Unterkünft­e für die Personen bereitgest­ellt, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten.“

Doch kurz vor 16 Uhr gab die Polizei Entwarnung: „Nach intensiven Verhandlun­gen durch die Beamten der Polizei-Verhandlun­gsgruppe konnte der Täter dazu bewegt werden, die Geisel freizulass­en“, teilte die Exekutive mit. Dem Opfer gehe es den Umständen entspreche­nd gut. Zum genauen Motiv machte die Polizei am Freitag keine Angaben. Bestätigt wurde nur, dass sich Geiselnehm­er und sein 32-jähriges Opfer bereits vor der Tat gekannt hatten.

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Nach stundenlan­gen Verhandlun­gen kam zunächst die Geisel frei, bevor der Verdächtig­e gegen 15.30 Uhr von der Polizei abgeführt wurde

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