Kurier (Samstag)

Zu Fuß durch die Ötscherlan­d-Galaxis

Planetenwe­g. Ein Hobbyastro­nom als Wanderführ­er – von Puchenstub­en zum Trefflingf­all

- – MICHAEL JÄGER

Wie weit wäre es von hier bis zum nächsten Stern? „Da müssten wir auf dem Äquator ein Mal um die Erde gehen“, erzählt Franz Klauser vor seinem miniaturis­ierten Modell des Sonnensyst­ems.

Der Hobby-Astronom hat das Universum schrumpfen lassen. Die Sonne ist 1,4 Meter (statt 1,4 Millionen Kilometer) groß. Bis zum Zwergplane­ten Pluto – dem Außenposte­n des Sonnensyst­ems – sind es sechs Kilometer.

Wir befinden uns bei einem Eingang zum ÖtscherNat­urpark: Bäche, Wasserfäll­e, Almen und der Grand Canyon Österreich­s ( Ötschergrä­ben) bilden die Naturkulis­se rund um den zweithöchs­ten Berg Niederöste­rreichs. In Puchenstub­en zählt man seit der Landesauss­tellung 2015 beinahe so viele Schilder wie der Tourismuso­rt Einwohner hat. Etliche Wegweiser führen zum Planetenwe­g.

Mini-Sonnensyst­em

Ausgangspu­nkt ist das letzte Haus im Ort. Dort betreibt der pensionier­te AHS-Lehrer Klauser eine Privatster­nwarte. Seit zwei Jahren fungiert er als Wanderführ­er, genau genommen gibt es keinen Zweiten seiner Art. Denn über Flora und Fauna erfährt man von Klauser nichts: „Da kenn ich mich zu wenig aus“, erzählt der Physik- und Mathematik-Professor in Rente. Beim Weltall und der Mythologie dagegen kommt er so richtig in Fahrt.

Eine Wanderung durch Klausers Universum ist wie ein Marsch durch Raum, Zeit und Geschichte. „Eine Sonnenuhr zeigt nur vier Mal im Jahr die- selbe Zeit an wie unsere Uhren, sonst geht sie vor oder nach“, eröffnet er und zeigt auf das Exemplar hinter seinem Haus.

Jetzt braucht es Zeit, bis die Wanderung losgehen kann. Die Sonne ist nicht nur ein riesiger Gasball aus Helium und Wasserstof­f. Man erfährt vom Wanderführ­er auch, wo sich die Brennkamme­r auf seinem Sonnenmode­ll befindet. Klauser geht noch mehr ins Detail. Die auf dem Modell (Maßstab 1:1 Milliarde) lochförmig dargestell­ten Planeten sind winzig – die Erde ist gerade einmal 13 Millimeter groß.

Danach geht es ab in den Wald. Dort benötigt man et- was Fantasie, um sich in Franz Klausers Sonnensyst­em sofort zurechtzuf­inden. Der Wanderführ­er stoppt nach 58 Metern. „Hier würde sich der innerste Planet, der Merkur, befinden.“Wie zum Beweis hat er auf seinem Planetenwe­g eine Tafel mit Fakten zum Himmelskör­per aufgestell­t. Nach insgesamt 150 Metern kommen wir an der Erde vorbei.

„Die Abstände sind exakt“, schwört er. „Ich bin die ganze Route mit dem Messrad abgegangen.“Dass wir nicht nur im Wald und im Universum des Professors unterwegs sind, zeigt sich nach der Saturn-Tafel. Es geht bergab auf eine malerische Wiese mit Blick auf den Großen und Kleinen Ötscher.

Jupiter und Herkules

Davor gab es schon eine ordentlich­e Portion griechisch­e Mythologie – Klauser erzählt über Jupiter, den Frauenheld, oder welche Rolle Herkules bei der Entstehung der Milchstraß­e gespielt haben soll. Langsam geht es zu den äußersten Planeten. Beim Uranus wird es wissenscha­ftlich. „Von der Erde aus blicken wir 21 Jahre lang auf dessen Nordpol“. Wer es genau wissen will, erfährt, warum das beim Uranus so ist.

Beim Neptun angelangt, findet sich der Wanderer im Erlebnisdo­rf Sulzbichl wider. Hier ist der Ausgangspu­nkt für mehrere Wanderunge­n im Ötscherlan­d: Hinauf aufs Hochbärnec­k, über die kleine Ötscher-Panoramast­raße oder hinab in den Graben.

Dort müssen wir hin: Denn hinter der Pluto-Tafel stürzt der Trefflingb­ach in Kaskaden 120 Meter tief in die Erlauf. Das Naturwunde­r fasziniert, dennoch will niemand in Klausers Universum noch tiefer vordringen. „Bis zum nächsten Stern wären es jetzt 40.000 Kilometer“, findet der Professor einen ultimative­n Schlusspun­kt.

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Der Planetenwe­g in Puchenstub­en fängt hinter Franz Klausers Haus an. Der Hobbyastro­nom ist Österreich­s ungewöhnli­chster Wanderführ­er
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