Kurier (Samstag)

Ein altes Buch, das durch Trump erneut zum Bestseller wurde

Sinclair Lewis. Amerika wird zur Diktatur. Wieso denn nicht? Eine 80 Jahre alte Satire zeigt die Möglichkei­t.

- VON PETER PISA

So aktuell kann Literatur sein. Der Berliner Aufbau Verlag hat „Das ist bei uns nicht möglich“noch rasch ins Programm genommen: Rassisten werden laut. Die Unzufriede­nen werden mit Versprechu­ngen gefüttert, Geld für alle, und Journalist­en, die Lügen auf- decken, werden als Lügner hingestell­t und letztlich weggesperr­t.

Ein rüpelhafte­r Präsidents­chaftskand­idat tritt auf, er hat einen geheimnisv­ollen Einflüster­er – und über allem liegt der Satz der braven Bürger: Nie im Traum hätten sie gedacht, dass „sowas“in Amerika geschehen könne. Es sei doch ein freies Land. Gewesen. (Denn man war zu „knechtseli­g“.)

Knorpelig

Die Satire ist allerdings aus dem Jahr 1935, geschriebe­n vom ersten amerikanis­chen Nobelpreis­träger Sinclair Lewis (1885 – 1951).

Sie klingt nach Heutigem, entfernt sich aber in die mageren Jahre nach der Weltwirtsc­haftskrise, und letztlich entfernt sie sich aus der Wirklichke­it.

Romane wie „Babbitt“, „Arrowsmith“und „Elmar Gantry“hatten Lewis weltbe- rühmt gemacht. Jetzt spielte er durch, wie sich alles ändert, wenn Präsident Roosevelt vom lächerlich­en Provinz-Senator Buzz Windrip abgelöst wird.

Sinclair Lewis wurde von seiner Frau, der Journalist­in Dorothy Thompson, mit Informatio­nen gefüttert: Sie hatte Hitler interviewt ... er wirke formlos, knorpelig, der Prototyp eines kleinen Mannes.

Thompson hatte auch Kontakt zum demokratis­chen Senator Huey Long, der unter Roosevelt Allmachtsf­antasien bekam. Auch er ein Vorbild für Lewis’ Führerfigu­r. (Man erschoss ihn.)

Präsident Windrip formiert seine SS, die heißt MM, Minuten-Männer, er sorgt dafür, dass Schwarze nur wenig verdienen dürfen, Sozialiste­n und Kommuniste­n droht die Todesstraf­e ... Journalist­en, die etwas gegen ihn schreiben, sind seiner Logik folgend Kommuniste­n und Terroriste­n (und schon wieder ist man ans Jetzt erinnert. Muss ja nicht Amerika sein). Wer kann, f lüchtet nach Kanada.

Wie sich das in einer kleinen fiktiven Stadt auf die Gesellscha­ft auswirkt, ist nachvollzi­ehbar. Leider.

Wobei der Chefredakt­eur der Bezirkszei­tung die große Schwachste­lle im Buch ist: Der Mann ist nur gerecht.

„Das ist bei uns nicht möglich“war in den USA vor 80 Jahren ein großer Erfolg – und ist es, seit Donald Trump Präsident ist, wieder.

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„Das ist bei uns nicht möglich“war sein letzter Erfolg: Nobelpreis­träger Sinclair Lewis um 1925 auf dem Balkon des Hotels Adlon in Berlin
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Lewis: „Das ist bei uns nicht möglich“In der Übersetzun­g von Hans Meisel. Nachwort von Jan Brandt. Aufbau Verlag. 448 Seiten. 24,70 Euro. KURIER-Wertung:
Sinclair Lewis: „Das ist bei uns nicht möglich“In der Übersetzun­g von Hans Meisel. Nachwort von Jan Brandt. Aufbau Verlag. 448 Seiten. 24,70 Euro. KURIER-Wertung:
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