Kurier (Samstag)

Toto Wolff

„Sich bei Halbzeit auf die Schulter zu klopfen, ist total falsch“

- AUS MONTMELÓ PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Die dreistöcki­ge Teamzentra­le von Mercedes beim Großen Preis von Spanien. Oben auf der Sonnenterr­asse werden die VIP-Gäste begrüßt, unten drängen sich die Medienvert­reter um die besten Plätze. Überall hängen Flachbilds­chirme, auf denen Fotos der wichtigste­n Persönlich­keiten des deutschen Rennstalls gezeigt werden: von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas, den Fahrern; von Niki Lauda, dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden und – wichtiger – der lebenden Formel-1-Legende; und von Toto Wolff, einem Mann, den vor fünf Jahren so gut wie niemand kannte.

Heute ist der 45-jährige Wiener einer der erfolgreic­hsten Teamchefs in der Geschichte der Königsklas­se. 2013 übernahm der Manager und Investor die Führung bei den Silberpfei­len, von 2014 bis 2016 gewann das Werkteam alle WM-Titel und 52 von 59 Rennen. „Ich werde erst eine Bilanz ziehen, wenn ich mit dem Job fertig bin. Sich bei Halbzeit auf die Schulter zu klopfen, ist total falsch“, sagt Wolff im Gespräch mit dem KURIER.

Er sitzt in seinem kleinen Büro im ersten Stock, es ist 13 Uhr am Freitag zwischen den beiden Trainingse­inheiten für den Großen Preis von Spanien. Gegessen hat er noch nichts. Am Vormittag waren die neuen US-Besitzer der Rennserie zu Besuch („sehr profession­ell, sehr amerikanis­ch“), am Nachmittag muss er sich den Fragen der Weltpresse stellen.

Mit Spannung

Es ist ein aufregende­s Jahr in der Formel 1 und das vielleicht schwierigs­te in seiner Ära als Mercedes-Teamchef. Die Regeln haben sich geändert, die Solofahrte­n sind vorbei, Ferrari hat aufgeschlo­ssen. Das alleine hätte schon genügt, doch Wolff kamen im Winter noch zwei Schlüsselp­ersonen abhanden: Nico Rosberg, der Weltmeiste­r, so- wie der technische Direktor. „Ich mag es, wenn ich herausgefo­rdert werde“, sagt Wolff, der Gefallen findet an der neuen Formel 1. „Wir erleben jetzt genau das, was wir immer sehen wollten: hartes Racing. Natürlich kann ich das jetzt noch leicht sagen, mit zwei Siegen in vier Rennen. Mal sehen, wie es mit meinem Sportsgeis­t aussieht, wenn wir mehr Rennen verlieren als gewinnen.“

Mit Leichtigke­it

Obwohl er als 30-ProzentTei­lhaber direkt am Erfolg des Rennstalls beteiligt ist, ist der ehemalige Hobbyrennf­ahrer auch immer eines geblieben: Formel-1-Fan. Seine vielleicht größte Stärke ist diese Leichtigke­it, die er sich auch nach mehreren Jahren im gnadenlose­n Verdrängun­gswettbewe­rb der Formel 1 bewahrt hat. „Man muss sich immer bewusst machen, dass wir nur Sport und Unterhaltu­ng betreiben.“Das „nur“setzt er unter Anführungs­striche. Wolff reagiert ohne zu zögern auf die Fotos, die ihm der KURIER zeigt (siehe links). Darauf zu sehen sind drei maßgebende Momente seiner noch jungen Laufbahn als Motorsport-Manager. Schauplatz war jeweils Spanien. Welches Foto er nach diesem Wochenende gerne sehen würde? „Fast jedes ist besser als das aus 2016“, sagt er, „schlimmer kann’s ja wohl nicht werden.“

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Der Schneller-Macher: Der 45-jährige Wiener Toto Wolff führte Mercedes zu drei WM-Titeln in Serie

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