Toto Wolff
„Sich bei Halbzeit auf die Schulter zu klopfen, ist total falsch“
Die dreistöckige Teamzentrale von Mercedes beim Großen Preis von Spanien. Oben auf der Sonnenterrasse werden die VIP-Gäste begrüßt, unten drängen sich die Medienvertreter um die besten Plätze. Überall hängen Flachbildschirme, auf denen Fotos der wichtigsten Persönlichkeiten des deutschen Rennstalls gezeigt werden: von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas, den Fahrern; von Niki Lauda, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und – wichtiger – der lebenden Formel-1-Legende; und von Toto Wolff, einem Mann, den vor fünf Jahren so gut wie niemand kannte.
Heute ist der 45-jährige Wiener einer der erfolgreichsten Teamchefs in der Geschichte der Königsklasse. 2013 übernahm der Manager und Investor die Führung bei den Silberpfeilen, von 2014 bis 2016 gewann das Werkteam alle WM-Titel und 52 von 59 Rennen. „Ich werde erst eine Bilanz ziehen, wenn ich mit dem Job fertig bin. Sich bei Halbzeit auf die Schulter zu klopfen, ist total falsch“, sagt Wolff im Gespräch mit dem KURIER.
Er sitzt in seinem kleinen Büro im ersten Stock, es ist 13 Uhr am Freitag zwischen den beiden Trainingseinheiten für den Großen Preis von Spanien. Gegessen hat er noch nichts. Am Vormittag waren die neuen US-Besitzer der Rennserie zu Besuch („sehr professionell, sehr amerikanisch“), am Nachmittag muss er sich den Fragen der Weltpresse stellen.
Mit Spannung
Es ist ein aufregendes Jahr in der Formel 1 und das vielleicht schwierigste in seiner Ära als Mercedes-Teamchef. Die Regeln haben sich geändert, die Solofahrten sind vorbei, Ferrari hat aufgeschlossen. Das alleine hätte schon genügt, doch Wolff kamen im Winter noch zwei Schlüsselpersonen abhanden: Nico Rosberg, der Weltmeister, so- wie der technische Direktor. „Ich mag es, wenn ich herausgefordert werde“, sagt Wolff, der Gefallen findet an der neuen Formel 1. „Wir erleben jetzt genau das, was wir immer sehen wollten: hartes Racing. Natürlich kann ich das jetzt noch leicht sagen, mit zwei Siegen in vier Rennen. Mal sehen, wie es mit meinem Sportsgeist aussieht, wenn wir mehr Rennen verlieren als gewinnen.“
Mit Leichtigkeit
Obwohl er als 30-ProzentTeilhaber direkt am Erfolg des Rennstalls beteiligt ist, ist der ehemalige Hobbyrennfahrer auch immer eines geblieben: Formel-1-Fan. Seine vielleicht größte Stärke ist diese Leichtigkeit, die er sich auch nach mehreren Jahren im gnadenlosen Verdrängungswettbewerb der Formel 1 bewahrt hat. „Man muss sich immer bewusst machen, dass wir nur Sport und Unterhaltung betreiben.“Das „nur“setzt er unter Anführungsstriche. Wolff reagiert ohne zu zögern auf die Fotos, die ihm der KURIER zeigt (siehe links). Darauf zu sehen sind drei maßgebende Momente seiner noch jungen Laufbahn als Motorsport-Manager. Schauplatz war jeweils Spanien. Welches Foto er nach diesem Wochenende gerne sehen würde? „Fast jedes ist besser als das aus 2016“, sagt er, „schlimmer kann’s ja wohl nicht werden.“