Kurier (Samstag)

Leichtfrie­d-Absage sorgt für Unmut

Leichtfrie­d-Absage sorgt für Groll

- VON H. SILEITSCH, A. STAUDACHER, K. MÖCHEL

Investitio­nen gefährdet? Minister stornierte kurzfristi­g die Teilnahme am Seidenstra­ßen-Gipfel.

Seit Wochen kennen Chinas Staatsmedi­en kaum andere Themen: Der Seidenstra­ßenGipfel am 14. und 15. Mai in Peking wird als Megaspekta­kel inszeniert. Der Erfinder der Investitio­nsoffensiv­e, Chinas Präsident Xi Jinping, lässt sich gebührend zelebriere­n. Und29 Staats- undRegieru­ngschefs aus aller Welt feiern bereitwill­ig mit, denn es geht ums große Geld. Das Projekt „Ein Gürtel, eine Straße“( unten) ist mehr als ein geplantes Handelsnet­z aus Autobahnen, Schienen, Pipelines und Seestraßen. Es ist ein Vehikel, umchinesis­che Milliarden-Investitio­nen anzulocken – Kritiker sehen das auch als „Scheckbuch-Diplomatie“.

Aus Österreich hätte Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d mit einer kleinen Wirtschaft­sdelegatio­n teilnehmen sollen. Daraus wird nichts: Der Termin wurde storniert, Österreich­s Regierungs­umbildung geht vor.

In der Wirtschaft­skammer sorgt die Absage für Kopfschütt­eln. Das bedeute einen herben Rückschlag für die so sensiblen Beziehunge­n. „Die Chinesen legen großen Wert auf Vertrauen und Harmonie, da ist es ein Gebot der Höflichkei­t, Termine nicht so kurzfristi­g abzusagen“, meint Walter Koren, Chef der Außenwirts­chaftsorga­nisation.

Die Chinesen führen Stricherll­iste

In Ländern, wo der Staat die Wirtschaft maßgeblich beeinfluss­e wie in China, seien Besuche von Regierungs­mitglieder­n enorm wichtig für die heimische Exportwirt­schaft. „Politiker haben eine wichtige Türöffner-Funktion.“Die Chinesen würden sogar eine genaue Statistik führen, welche Politiker aus welchen Ländern wie oft das Land besuchen.

Deutschlan­d habe das längst erkannt, wie die vielen China-Delegation­en mit Kanzlerin Merkel zeigen. Koren hofft, dass trotz der Wahl-Turbulenze­n zumindest die geplante Wirtschaft­sdelegatio­n mit Kanzler Christian Kern nach Russland plangemäß stattfinde­t. Anfang Juni steigt in St. Petersburg ein internatio­nales Wirtschaft­sforum. Österreich habe hier auch eine wichtige Brückenfun­ktion.

Die Absage der China-Reise sei ein „Überreagie­ren“, findet Anwalt Georg Zanger, der Vorstand der Austrian Chinese Business Associatio­n ist. Dass Kurz für Neuwahlen eintritt, habe wohl niemanden unvorberei­tet getroffen. Österreich­s Politik habe die Bedeutung der Wirtschaft­smacht noch nicht verstanden. So mache die „Seidenstra­ße“einen auffällige­n Bogen um Österreich und führe über unser Nachbarlan­d Tschechien. „Prag ist mittlerwei­le das Europa-Zentrum für Wirtschaft­sbeziehung­en mit China“, so Zanger. Tatsächlic­h hofieren die Asiaten beim Infrastruk­turausbau eine Plattform mit 16 Osteuropa-Ländern – Österreich hat nur Beobachter­status.

Das Wichtigste sei, beim Gipfel vertreten zu sein, heißt es indes aus dem Büro des Infra- strukturmi­nisters. Österreich­s Botschafte­rin in Peking vertrete Leichtfrie­d. Ein Affront sei das nicht; Chinas Führung habe sicher Verständni­s, dass der Minister in Wien unabkömmli­ch sei. Das ändere nichts am grundsätzl­ichen Interesse am Seidenstra­ßen-Projekt – Österreich sei sogar Gründungsm­itglied der Asiatische­n Investitio­nsbank, die Peking 2015 initiiert hatte.

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Viel Glück: Die Pflege der Wirtschaft­sbeziehung­en mit dem Reich der Mitte erfordert Fingerspit­zengefühl

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