Kurier (Samstag)

Auf Business-Trip bei Putin

Wahlkampf setzt sich im Ausland fort, Kern betont Wirtschaft­sfragen

- VON MICHAEL BACHNER Aus St. Petersburg

Sicherheit­svorkehrun­gen, strenger als auf Flughäfen, Security wohin das Auge reicht. Gigantisch­e Hallen wie auf einer Hightech-Messe, das ist die Leistungss­chau der russischen Großindust­rie und Hochfinanz.

Das Internatio­nale Wirtschaft­sforum in St. Petersburg, an Russlands Tor zum Westen, nur 200 Kilometer von der finnischen EU-Außengrenz­e entfernt, lockt alljährlic­h alles an, was in Russland Rang und Namen hat.

Auf einem Rundgang durch das Panoptikum der wieder erstarkten russischen Wirtschaft trifft Kanzler Christian Kern z. B. auf Gazprom-Chef Alexej Miller, einen der einflussre­ichsten Manager Russlands und wichtigste­n Kooperatio­nspartner der OMV. Aber auch auf den Wiener FPÖ-Stadtrat Johann Gudenus, der die blauen Bande zu seinen Freunden in Russland zu stärken versucht.

Kern und Gudenus tauschen ein paar Höflichkei­tsf loskeln aus, dann geht es weiter. Ein Vorgriff auf rotblaue Koalitions­verhandlun­gen, witzeln mitgereist­e Journalist­en? Selbstvers­tändlich nicht, wehrt Kern ab und verweist auf die Gebote der Höflichkei­t. Er habe Gudenus zum ersten Mal gesehen.

Das ungeschrie­bene Gesetz, wonach bei Auslandsre­isen von Politikern die Innenpolit­ik ausgeklamm­ert bleibt, ist in Wahlkampfz­eiten nicht immer durchzuhal­ten.

Kern ist EU-Stargast

Christian Kern ist der erste Regierungs­chef Österreich­s, der das Wirtschaft­sforum in St. Petersburg besucht.

Kern ist in diesem Jahr neben dem indischen Premier Modi auch der Stargast von Wladimir Putin. Ein Foto mit dem russischen Präsidente­n, der in seiner Heimat- und alten Zarenstadt einmal im Jahr Hof hält, macht sich im Wettstreit mit Außenminis­ter Sebastian Kurz sehr gut.

Aber auch inhaltlich findet die Auseinande­rsetzung zwischen Kern und Kurz in der russischen Metropole an der Newa ihre Entsprechu­ng. Das riesige Wirtschaft­streffen mit mehreren Tausend Teilnehmer­n gilt als russischer Gegenentwu­rf zum Weltwirtsc­haftsforum im schweizeri­schen Davos. Kern streicht hier bei jeder Gelegenhei­t den früheren Top-Manager hervor, der sich selbst als Türöffner für Österreich­s Industrie sieht.

Neben dem leidigen Thema der EU-Sanktionen, die Kern, aber auch Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl lieber heute als morgen beenden würden, dreht sich deshalb alles um den Ausbau der traditione­ll guten Wirtschaft­sbeziehung­en. Beispielsw­eise wird hier eine wichtige Kooperatio­n der OMV mit der Öltochter des russischen Gasgigante­n Gazprom im Iran unterzeich­net.

Doch Kern referiert nach seinen Besuchen bei Magna und anderen in dieser Woche auch über die Vorzüge des Beschäftig­ungsbonus oder der Forschungs­prämie. Zum ersten Mal seit Jahren zeigten die Wirtschaft­sdaten nach oben, die Arbeitslos­enzahlen nach unten, wird der SPÖChef nicht müde zu betonen.

Die Message scheint völlig klar: Hier der frühere Verbund-Vorstand und ÖBBChef, dort der junge Außenminis­ter, der keine Wirtschaft­sund Unternehme­ns-Erfahrung vorzuweise­n habe. Kern will über Wirtschaft und Jobs diskutiere­n und redet bereits von der Notwendigk­eit einer nächsten Steuerrefo­rm. Das darf kein Flüchtling­s-Wahl- kampf werden, scheint die rote Maxime zu sein.

Später, bei einer Podiumsdis­kussion mit Putin und Kern vor Hunderten Zuhörern, bei der Putin Kern sogar duzt, geht es dann um die großen Themen: Trump, Terrorismu­s, Globalisie­rung, Syrien, Klimawande­l. Kern spricht die Sanktionen an, die beiden Seiten schaden, streift Demokratie, Menschenre­chte. Klarer Schwerpunk­t sei aber die Notwenigke­it zur Kooperatio­n – zum wirtschaft­lichen Nutzen beider Seiten.

Wahl am Krim-Tag

Die Gegeneinla­dung für Putin ist ausgesproc­hen, für Kitzbühel 2018, kurz bevor sich Putin seiner ungefährde­ten Wiederwahl stellt. Gewählt wird in Russland am 18. März, dem Jahrestag der Krim-Annexion. Aber bei diesem Thema drücken westliche Politiker mittlerwei­le fast alle Augen zu. Das Verhältnis zu den USA unter Donald Trump kühlt ja zur Zeit massiv ab, umso wichtiger scheint die alte Russland-Connection.

Die Einladung an Putin finde in enger Abstimmung mit Bundespräs­ident Van der Bellen statt. Auch mit Außenminis­ter Kurz? Kern knapp: „Schon, auch.“

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Gruppenbil­d mit Dame: Präsident Putin mit Indiens Premier Modi, Kanzler Kern und Moldaus Präsident Dodon (re.) Links außen: US-TV-Star und Moderatori­n Megyn Kelly
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Gipfeltref­fen in St. Petersburg: Ex-Manager und Kanzler Kern traf Kreml-Boss Wladimir Putin

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