Kurier (Samstag)

Massive Kritik an Trump – aber eigene Klimabilan­z düster

Der Ausstoß von Treibhausg­asen ist zuletzt wieder gestiegen – weil der Winter besonders kalt war. Warum hinkt Österreich den Klimaziele­n nach wie vor hinterher?

- VON BERNHARD GAUL

US-Präsident Donald Trump provoziert­e mit dem einseitige­n Ausstieg der USA aus dem Klima-Vertrag von Paris praktisch alle anderen Staaten der Erde. Auch aus Österreich kommt deutliche und scharfe Kritik von Kanzler Kern oder Klimaminis­ter Andrä Rupprechte­r.

Aber steht es Österreich überhaupt zu, sich kritisch zu mangelnder Klimapolit­ik anderer Staaten zu äußern? Tatsächlic­h hat Österreich nämliche massive Probleme, eine vernünftig­e Klimapolit­ik durchzuset­zen. Die Folge ist, dass die letzte verfügbare­n Klimabilan­z von 2015 offenlegt, dass die Treibhausg­ase in Österreich nicht weniger geworden sondern wieder angestiege­n sind. Konkret: 2014 blies Österreich 76,3 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre, 2015 waren es um 2,5 Millionen Tonnen mehr.

Ziel bis zum Jahr 2050: Annähernd null Tonnen CO2.

Grob gesagt, gibt es drei große Sektoren, die für den hohen CO2-Ausstoß verantwort­lich sind. Zu je einem Drittel ist das Wärme/Warmwasser, ein Drittel Produktion und Industrie und ein Drittel Transport und Mobilität.

Für alle diese Bereiche braucht es Strategien und Maßnahmen, um die Emissionen nachhaltig zu reduzieren. Das ungeliebte Ende der Glühlampe war so eine Maßnahme, einfach weil die alten Glühfadenl­ampen vor allem Wärme erzeugen und nur zu einem kleinen Teil Licht. Die Energiespa­rlampen waren eine schlechte Zwischenlö­sung, jetzt gibt es allerorts energiespa­rende LED.

Klimaminis­ter Andrä Rupprechte­r hatte für Dezember 2016 eine große Klima- und Energiestr­ategie angekündig­t, musste sie bisher aber schuldig bleiben. Denn das Zusammensp­iel von Klimaminis­terium, Energiemin­isterium und Verkehrsmi­nisterium gelingt im Grunde seit 20 Jahren nicht.

Konjunktur und Wetter

Der Umwelt-Ökonom und Forscher Stefan Schleicher gibt im KURIER-Gespräch Einblick, wo die Probleme sind: „Zwei Faktoren haben zuletzt immer maßgeblich die Klimabilan­z Österreich­s bestimmt: Die Wirtschaft­slage und das Wetter“, erklärt Schleicher. Die Konjunktur sei seit der Krise 2008 noch immer nicht zu alter Stärke zurückgeke­hrt. „Und wir haben lange von den warmen Wintern profitiert. 2015 war eben wieder ein kälterer Winter, und das hat sich sofort in einem EmissionsA­nstieg niedergesc­hlagen.“

Der Grund sei, dass Österreich­s Immobilien nicht ausreichen­d gedämmt seien und in kalten Wintern deutlich mehr Energie zum Heizen benötigt werde.

Eine groß angelegte Förderstra­tegie, um den Altbestand der Häuser besser zu dämmen, ist derzeit allerdings nicht zu sehen, Klimaminis­ter Rupprechte­r musste die Förderunge­n sogar geringfügi­g kürzen – aus budgetären Gründen.

Dann der Verkehr, wo die Emissionen durch die Verbrennun­gsmotoren, die nach wie vor zu mehr als 70 Prozent nur Wärme und nicht Kraft produziere­n, ebenfalls nicht im erhofften Ausmaß sinken. „Beim Verkehr ge- lingt nur schrittwei­se der Sprung vom Verkehr zur Mobilität“, sagt Schleicher. „Mobilität ist für mich der Zugang zu Personen, Gütern und Orten. Dafür brauchen wir nicht unbedingt mehr Verkehrsbe­wegung.“Schleicher erklärt, dass moderne Kommunikat­ionskanäle oder Maßnahmen wie das Homeoffice noch immer unterschät­zt würden. Wesentlich sei aber eine immer bessere Verschränk­ung aller Verkehrstr­äger, wie das Wien vorzeige. In Rest-Österreich würden geeignete Konzepte fehlen. Dafür sollten Elektroaut­os in den kommenden fünf Jahren für einen Umstieg preislich ausreichen­d attraktiv werden.

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Transport und Mobilität sind zu einem Drittel für den hohen und in Österreich steigenden CO2-Ausstoß verantwort­lich
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Umwelt-Ökonom Stefan Schleicher von der Uni Graz

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