Kurier (Samstag)

Kritik am Pickerl-Abgastest: „Zum Krenreiben“

§57a-Überprüfun­g. NÖ-Abgeordnet­er Naderer behauptet: Hälfte der Autos müsste Pickerl verlieren

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„Erster Gang rein, einmal Vollgas um den Häuserbloc­k, danach passen die Abgaswerte.“Diese Methode freut zwar vermutlich weder Umwelt noch Anrainer. Es helfe aber, beim Pickerl-Abgastest die Normwerte zu erreichen, behauptet der NÖ-Landtagsab­geordnete Walter Naderer. Er hat als Autohändle­r selbst so seine Erfahrungs­werte mit den Pickerl-Überprüfun­gen (vulgo §57a) gesammelt. Und kritisiert, deren Emissionst­est sei „zum Krenreiben“.

Grund: Die Grenzwerte seien realitätsf­ern, weil die Ergebnisse eine extreme Streuung aufwiesen. Ein Au- to, das viel auf der Autobahn unterwegs sei, habe viel weniger Ablagerung­en im Auspuffsys­tem und weise weniger Trübungen im Schadstoff­test auf als eines im Stadtbetri­eb. Würde alles „nach Punkt und Beistrich“durchgefüh­rt, dürfte die Hälfte der Autos auf Österreich­s Straßen kein Pickerl erhalten, behauptet Naderer. Die Werkstätte­n müssten „herumpfist­ern, bis es passt“.

Nur Momentaufn­ahme

Eine „brutale Aussage von einem Kollegen“, findet Friedrich Nagl, Bundesinnu­ngsmeister der Fahrzeugte­chni- ker. Hat die Hälfte der Autos ihr Pickerl zu Unrecht? „Nein, bei Weitem nicht“, sagt Nagl. Selbst ältere Motoren würden die Werte erfüllen, wenn sie gut gewartet und gepflegt seien. Der Experte bestätigt aber: Viele Faktoren beeinf lussen die Prüfergebn­isse. Die Qualität des Treibstoff­es, hochtourig­es Fahren, neue Luftfilter – all das habe Einf luss auf die Abgaswerte: „Der Test ist eine Momentaufn­ahme.“Sogar der Luftdruck und die Temperatur könnten sich geringfügi­g auswirken.

Und selbst das Umweltbund­esamt bestätigt: Der Test sei „nicht geeignet, die Einhaltung der Emissionsg­renzwerte zu überprüfen“, sondern nur, um „grobe technische Mängel zu eruieren“.

Die Armen seien die Werkstätte­n, die mit dem Problem alleingela­ssen würden, kritisiert Naderer. Er fordert „eine Abgasnorm, die am Realbetrie­b orientiert ist“.

Für Nagl wäre die bessere Lösung, wenn der faktische Spritverbr­auch, den die Bordcomput­er messen (Euro

pean Onboard Diagnostic­s) zum Maßstab würde. Mit-Vollgasum-den-Block, davon rät Nagl übrigens ab: „Damit werden Ablagerung­en sicher nicht rausgeblas­en.“– HSP

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