Kurier (Samstag)

Das Erbe zu verjubeln“Zur Person

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Andreas Kaufmann (63) Im Clan tummeln sich große Unternehme­rpersonen – ein Schwager hat die Biokette Alnatura gegründet, ein anderer dm. Und der Vater war einst Spitzenman­ager bei Weleda Kosmetik. Andreas Kaufmann, geboren 1953 in Mannheim, wurde über Umwege Industriel­ler. Er studierte Literatur, verdingte sich als Waldorf-Pädagoge und war Mitbegründ­er der deutschen Grünen. Dann erbte er mit zwei Brüdern das Vermögen der 1998 in Stainach verstorben­en Tante Harriett Hartmann – Anteile am Papierries­en Frantschac­h, die nach und nach an Mondi verkauft wurden. Der „trend“bezifferte das inoffiziel­le Familienve­rmögen 2016 mit 2,54 Mrd. Euro: Platz neun der reichsten Clans in Österreich. Ab September braucht Leica einen neuen Vorstandsc­hef. Dass er selbst wie 2008/9 den Chefsessel besteigen könnte, schließt Kaufmann aus; er sei ein „aktiver Aufsichtsr­atsvorsitz­ender“. Wäre die Idee von Steuern nicht, etwas zur Erhaltung der Gesellscha­ft beizutrage­n?

Ja, das verstehe ich. Nur in welcher Form? Wer weniger verdient, trägt nichts bei, oder doch? All diese Begründung­en funktionie­ren nicht, sondern landen bei reiner Taktik: Wie viel können wir uns einzuheben leisten, ohne dass die Leute aufschreie­n. Das Wichtigste, das Sie Ihren Kindern mitgegeben haben, war ...?

Im Leben das zu tun, was sie gerne tun. Und sie wissen, was Geld wert ist und können mit wenig auskommen. Könnten Sie das von sich selbst auch noch sagen?

Ja, sicher. In den 80ern und 90ern hatte ich ein eher schäbiges Gehalt. Und zwar nicht einmal als staatliche­r, sondern als Waldorf-Lehrer. Sie haben einmal gesagt, Sie empfanden das Vermögen eher als unangenehm. Wie das?

Das war so, als Linker in den 1970ern. Denken Sie an Tom Koenigs (deutscher Grü- nen-Abgeordnet­er, Anm.), der damals sein Bankiers-Erbe dem Vietcong geschenkt hat. Gut, ein etwas extremes Beispiel. Aber das kann man nur aus der Zeit heraus erklären. Würden Sie die Mehrheit an Leica wieder abgeben, falls ...

Nein. Ich weiß nicht, ob es 101 Jahre wie bei Frantschac­h sein werden, aber Leica ist ein Langzeitpr­ojekt. Fotografie sollte einst Momente für die Ewigkeit bewahren. Jetzt gibt es Snapchat: Fotos, die sich selbst löschen.

Dieser Effekt ist für 14Jährige gedacht, die auf der Party halb betrunken Fotos schießen. In ein paar Jahren ist Snapchat vermutlich wieder verschwund­en. Sicher? Das hätte ich von Facebook auch gedacht.

Nein, das wird sich lange halten. Facebook ist wie eine Dauerausst­ellung, wo ich zum Foto etwas mitteile. Was aber stimmt: Wir leben mit einer Bilderflut. Alle schießen, keiner schaut.

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Wie hat er Leica gerettet? Das schilderte Kaufmann beim Strategief­orum an der Wirtschaft­suni Wien

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