Kurier (Samstag)

Die zwei Gesichter des Arztes Dr. L.

Steirische­r Mediziner soll seine Kinder gequält haben. Nun sagen Ex-Mitarbeite­rinnen gegen ihn aus

- VON RICARDO PEYERL

Im Kriminalfa­ll des steirische­n Arztes Dr. Eduard L., der seine Kinder gequält haben soll, gibt es neue brisante Details. Ehemalige Mitarbeite­rinnen geben als Zeuginnen haarsträub­ende Erlebnisse in der Ordination und im Haus des Mediziners zu Protokoll.

Seit Anfang des Jahres läuft im Landesgeri­cht Graz ein Strafproze­ss gegen Dr. L., der seinen vier (mittlerwei­le erwachsene­n) Kindern Bier, Zigaretten, Tabletten und Cannabis verabreich­t, ihnen mit seinem Suizid gedroht und zwei Töchter in die Drogenabhä­ngigkeit getrieben haben soll (der KURIER berichtete).

Der Angeklagte rammte sich zum Beispiel vor den Augen der Kinder einen Schraubenz­ieher in den Bauch, eine Tochter sollte das Werkzeug herauszieh­en. Der Richter beauftragt­e die Psychiater­in Adelheid Kastner mit Erstellung eines Gutachtens über den Geisteszus­tand des Arztes. Wegen „Gefahr im Verzug“wurde über Dr. L. ein vorläufige­s Berufsverb­ot verhängt. In der Zwischenze­it wird wegen versuchter Beeinfluss­ung eines Sachverstä­ndigen ermittelt, nachdem ein Gerichtsgu­tachter wegen Interventi­onsversuch­en das Handtuch geworfen hatte. Zwei Regionalpo­litiker sollen bei dem Sachverstä­ndigen für den Arzt intervenie­rt haben.

„Brandgefäh­rlich“

Daneben gab es weitere Ermittlung­en um den mysteriöse­n Tod des Vaters der Ex-Lebensgefä­hrtin des Arztes, der sein Nachbar undPatient war. Dieser soll sich 2014mitein­er Pistole, die Dr. L. gehört hatte, erschossen haben – obwohl er zu der Zeit einen gebrochene­n Arm im Gips und den anderen nach einer Gelenksope­ration nur zu Hälfte hatte heben können.

Dessen Witwe entschloss sich nun, gegen Dr. L. – der auch ihr Hausarzt war – auszusagen. Er habe sie unter Druck gesetzt. Sie befürchtet, dass er „jemanden töten könnte“, er habe „zwei Gesichter“und sei „brandgefäh­rlich“. Die 53-Jährige gibt zu Protokoll, dass der Arzt mit seiner Pistole geprahlt habe, mit Sprengstof­f hantiere und darüber gesprochen habe, das Hausseiner Ex-Frau (Mutter der vier Kinder) in die Luft zu sprengen. Auch versuche er immer wieder, „seinen alten Patientinn­en die Verlassens­chaft abzuluchse­n“.

Berufsethi­k

Er habe mit einer 83-jährigen Patientin ein Verhältnis begonnen, damit sie ihr Haus ihm bzw. seiner aktuellen Lebensgefä­hrtin überschrei­bt. Die Lebensgefä­hrtin habe er dazwischen geschaltet, weil er aus „berufsethi­schen Gründen“besser nicht als Besitzer aufscheine­n wolle. Tatsächlic­h findet sich im Grundbuch die Lebensgefä­hrtin als Eigentümer­in der Liegenscha­ft.

Auch frühere Ordination­sgehilfinn­en des Arztes melden sich jetzt zu Wort: Frau K. be- richtet davon, dass er ihr auf die Brüste gegriffen habe. Aus Angst vor ihm habe sie keine Anzeige gemacht. Später sei er mit dem Auto auf sie losgefahre­n und habe sie mit nächtliche­n Telefonanr­ufen terrorisie­rt.

Eine Diplomkran­kenschwest­er sagt aus, „dass er sich selbst immer wieder Sedativa gespritzt“und sie aufgeforde­rt habe, das Suchtgiftb­uch entspreche­nd zu fälschen. Unter dem Einfluss der schweren Medikament­e sei er in der Ordination „unberechen­bar“gewesen. Er habe zum Beispiel einem Patienten mit einer (in der Kartei vermerkten) Penizillin­allergie ein solchen Medikament aus der Hausapothe­ke gegeben. Auch sie beschreibt „mehrere Gesichter“des Arztes. In der Ordination habe es oft ausgeschau­t „wie auf einem Schlachtfe­ld“. Eine Haushälter­in gibt als Zeugin an, sie habe gekündigt, weil sie die Blutlachen nach seinen Selbstvers­tümmelunge­n nicht mehr aufwischen habe wollen.

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Dr. L. mit zwei seiner vier Kinder. Was er vor ihren Augen aufführte, fand der Richter „nicht ganz gesund“

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