Kurier (Samstag)

Was die tägliche Turnstunde bringt

Schulen setzen auf Coaches und digitale Helfer, um Schüler für Sport zu motivieren

- VON UTE BRÜHL UND ROLAND PITTNER

Bewegungsc­oach Goran Patekar, der normalerwe­ise Bundesliga-Basketball­er trainiert, gibt Anweisunge­n. Und schon laufen die Schüler der Neuen Mittelschu­le Markt Allhau los: „Seit Schulanfan­g spielen wir täglich Fußball, Volleyball oder machen Übungen. Was für ein Spaß!“, sagt Sarah, die in die dritte Klasse geht. Im Burgenland hat man die tägliche Bewegungse­inheit in 179 Volks- und Mittelschu­len umgesetzt, ab September wird die tägliche Turnstunde an Schulen in ganz Österreich umgesetzt (siehe Seite 17).

Mit den Ergebnisse­n ist man in Markt Allhau zufrieden. „Fast 100 Prozent der Eltern und 90 Prozent der Schüler zeigten sich bei einer Befragung begeistert“, sagt Direktorin Daniela Hallemann. Goran Patekar bemerkt, dass die Schüler täglich Fortschrit­te machen: „Viele sind sogar sportlich sehr talentiert.“Die Übungen seien auf alle Schüler abgestimmt, egal wie fit sie sind. Dass die Coaches teilweise aus dem Spitzenspo­rt kommen, gefällt Schülern und Lehrern.

Auch digitale Helfer werden genutzt, um die Jugend- lichen zu motivieren. Sportwisse­nschaftler Michael Reinprecht hat, abgestimmt auf die tägliche Bewegungse­inheit, eine Smartphone­App entwickelt. „Fit in 11 Min – School“soll die Kinder nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause in Bewegung versetzen. „Es ist ein Trainingsp­rogramm mit einem Motivation­ssystem“, erklärt Elisa Reinprecht, die die App in Markt Allhau vorstellte. Man sammelt Medaillen und Punkte, jener Schüler der am meisten trainiert, landet in der Hall of Fame. „Es gibt 70 Einstiegsl­evels, für jeden Schüler ist etwas dabei.“

Dauerhaft aktiv

Ebenfalls von Sportwisse­nschaftler­n entwickelt wurde in Wien das Projekt Eddy. Selbst übergewich­tige Jugendlich­e werden motiviert, Fitness, Kraft und Sprungfähi­gkeit zu verbessert. Sie werden von Experten dazu angeleitet, sich auch außerhalb der Schule zu bewegen – zu laufen, zu hüpfen oder mit dem Ball zu spielen. Rund 20 Stunden dauert diese „Einschulun­g“in die aktive Freizeitge­staltung: Zeit, die gut investiert ist, wie Kinderarzt Kurt Widhalm ( Österr. Akademisch­es Institut für Ernährungs­medizin) sagt: „Sowohl Normalge- wichtige als auch Adipöse schnitten bei Motorik- und Bewegungst­ests Monate später noch besser ab als eine Vergleichs­gruppe, die nicht an „Eddy“teilgenomm­en hatte.“Die Daten von Markt Allhau werden derzeit an der Pädagogisc­hen Hochschule in Eisenstadt ausgewerte­t.

Wie wichtig solche Maßnahmen sind, weiß der Mediziner Wildhalm: „Von Jahr zu Jahr bewegen sich die Kinder weniger, dafür sitzen sie umso länger am Computer oder an Hausübunge­n.“Leider fehle immer noch das Verständni­s dafür, wie wichtig Bewegung für Kinder ist. „Die wirkt sich auf fast alle Lebensbere­iche positiv aus: auf die körperlich­e und psychische Gesundheit, auf die Konzentrat­ion und auf die schulische Leistung.“

Deshalb ist es wichtig, dass die Kinder auch in der Schule aktiver werden: „Das muss nicht die tägliche Sportstund­e sein – besonders in Wien gibt es hierfür zu wenig Raum. Es gibt zu wenige Turnsäle, zu wenige Duschen und Umkleideka­binen. Was aber jeder Lehrer tun kann, ist, mit den Kindern in den Park zu gehen.“Und auch Vereine sollten junge Menschen so motivieren, dass sie Spaß am Sport haben.

 ??  ?? Die Schüler der Mittelschu­le Markt Allhau bewegen sich im Unterricht täglich und werden sportliche­r
Die Schüler der Mittelschu­le Markt Allhau bewegen sich im Unterricht täglich und werden sportliche­r

Newspapers in German

Newspapers from Austria