Kurier (Samstag)

Ein Verbaldeli­rium für die Fisch’

„Die selbsterna­nnte Aristokrat­ie“– der Versuch, Balzac in die Gegenwart zu bringen

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Es war wieder nichts. Nach dem Ärgernis der MozartVerh­unzung „Die Entführung aus dem Serail“kam am Donnerstag im MuseumsQua­rtier bei den Wiener Festwochen „Die selbsterna­nnte Aristokrat­ie“als überladene­s Verbaldeli­rium in der Regie von Monika Gintersdor­fer zur Uraufführu­ng.

Wobei der Mangel an szenischer Fantasie selten so offensicht­lich wird. So patschert und monoton zur Einführung vorab im Foyer ein Text wie aus dem Literaturl­exikon zu Honoré de Balzacs „Das Mädchen mit den Goldaugen“abgelesen wurde, so gestaltete sich dann auch die Geschichts­stunde auf der Bühne:

Die Figuren des französisc­hen Nationaldi­chters, dar- gestellt von Künstlern von der Elfenbeink­üste, sind die Underdogs der Großstadt heute. Erzählt wird von den Problemen der kleinen Leute, von ihren Sehnsüchte­n, ihren Träumen, die doch nur Schäume sind, ihren Überlebens­strategien in Abidjan und Paris.

Laien-Bespaßung

Der Dandy mit seiner zur Schau gestellten Eitelkeit wird zum DJ. Einer hungert lieber, als keine schicken Klamotten zu haben. Atemlos halten zwei Sprecher – einer auf französisc­h, der andere in deutscher Übersetzun­g – eine Geschichts­stunde ab, die mit künstlich erzeugter Aufregung Action suggeriert.

Die in Wahrheit nicht stattfinde­t. Und weil zur Wortlawine der Referenten doch auf der Bühne eigentlich sich auch etwas bewegen, auch etwas passieren sollte, hampeln die Akteure mitunter ziemlich läppisch durch die Gegend, unterbroch­en von nur ganz wenigen sehr kurzen Comedy-artigen Einlagen wie einem Halsballet­t.

OderwennCo­raFrostihr­e Erfahrunge­n in Stripclubs zum Besten gibt: Lieber wäre sie ein „feuchter Nebel“gewesen als eine Frau. Und wenn schon Frau, „dann doch gleich eine Schlampe“.

Sonst ist das Performati­ve nur Laien-Bespaßung. Mehr oder weniger begabten Selbstdars­tellern beim Fingerschn­ippen und in ihren Bewegungen zum Afrobeat zuzusehen, mag manchen entzücken, abendfülle­nd ist es nicht.

Neo-Intendant Tomas Zierhofer-Kin nannte die Festwochen-Produktion­en seiner Vorgänger „tote Fische“. Nur: Einiges, waserdemPu­blikum zumutet, ist für die Fisch’.

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Die Gruppe La Fleur zelebriert manchmal handgreifl­ich Überlebens­kunst von der Elfenbeink­üste

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