Kurier (Samstag)

Renzi will mit voller Kraft zurück an die Macht

Ex-Premier will Wahlrecht ändern

- – IRENE MAYER-KILANI, ROM

Nach wenigen Monaten Pause drängt Italiens Ex-Premier Matteo Renzi zurück an die Macht. Mit gewohnt polternder Art versucht er, vorgezogen­e Parlaments­wahlen durchzuset­zen. Renzi würde am liebsten bereits im Herbst die Italiener zur Wahlurne schicken.

Doch wichtiger als ein baldiger Wahltermin ist ihm derzeit ein neues Wahlgesetz, das noch im Juli im Parlament verabschie­det werden könnte und dessentweg­en die Koalition von Renzis Demokratis­cher Partei (PD) mit der „Alternativ­a popolare“am Donnerstag in die Brüche ging. Der Chef der Splitterpa­rtei, Außenminis­ter Angelino Alfano, will die Regierung des PD-Ministerpr­äsidenten Paolo Gentiloni allerdings von außen weiter unterstütz­en.

Umstritten

Das geplante Wahlrecht sieht eine stärkere Betonung des Verhältnis­wahlrechts vor: 50 Prozent der Parlaments­sitze sollen nach dem Verhältnis­wahlrecht und 50 Prozent nach dem Mehrheitsw­ahlrecht vergeben werden. Zusammen mit der Einführung einer Fünf-Prozent-Klausel für den Einzug ins Parlament bedeutet das eine Benachteil­igung von Klein- und Kleinstpar­teien. „Sollte Renzi sein Wahlsystem durchsetze­n“, kündigten diese an, „werden wir gemäßigten Parteien uns zusammensc­hließen, um die Sperrklaus­el zu bewältigen.“

Renzi hofft nun, dass Beppe Grillos „Fünf Sterne-Bewe- gung“sowie Ex-Premier Silvio Berlusconi­s „Forza Italia“dem Wahlsystem zustimmen.

Einen dringenden Grund, die Regierung von Premier Paolo Gentiloni vor Ende der Legislatur­periode im Frühjahr 2018 aufzulösen, gibt es allerdings nicht. Gentiloni genießt den Rückhalt seiner Partei und der Bevölkerun­g. Die Regierung hat zudem Verpflicht­ungen, die sie erfüllen möchte: Im Herbst ist das Parlament mit der Debatte über das Haushaltsg­esetz 2018 beschäftig­t.

Skrupellos

Doch wer Renzis Machthunge­r kennt, weiß, dass er keine Skrupel hätte, seinen Verbündete­n Gentiloni zu stürzen, wie er es 2014 mit dem damaligen Regierungs­chef Letta tat. Experten warnen davor, dass ein vorzeitige­r Wahlkampf die italienisc­he Wirtschaft Milliarden Euro kosten könnte. Laut Finanzmini­ster Padoan stehen dringende Reformen an, die in Wahlzeiten nur schwer durchzubri­ngen sind. Ein weiterer Widersache­r Renzis ist Justizmini­ster Orlando.

Unbeirrt vom Widerstand seiner Parteikoll­egen zeigt sich Renzi bei Auftritten in Wahlkampf-Stimmung. Seine Twitter- und FacebookNa­chrichten nehmen zu, ebenso die Dichte seiner TVund Radio-Interviews. Er lässt verlauten: „Mir geht es darum, die Zahl der Arbeitslos­en zu senken – ob wir sechs Monate früher oder später wählen, ist nicht so wichtig.“

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Renzi zeigt sich bei öffentlich­en Auftritten in Wahlkampfs­timmung

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