Die Wut der Menschen wächst
„Es wird lange dauern, bis alle Opfer geborgen sind“, sagt die Polizei
Das Feuer war am Freitag noch immer nicht vollständig gelöscht. 30 Tote wurden bisher bestätigt, doch die Rettungskräfte glauben, dass man manche in den oberen Stockwerken Eingeschlossene nie mehr wird identifizieren können. 65 wurden am Freitag vermisst. Eine Mutter, die mit sechs Kindern aus einem der oberen Stockwerke f lüchtete, kam unten mit vier Kindern an. Ein kleiner Bub suchte am Freitag seinen Schulfreund. Ein syrischer Flüchtling ist das erste offizielle Brandtodesopfer.
Laut Scotland Yard werde es lange dauern, bis die Spezialkräfte von Polizei und Feuerwehr alle Opfer oder DNA-Spuren gesichert hätten: „Das Gebäude ist in einem gefährlichen Zustand.“Am Freitag kam auch die Queen mit Prinz William in ein ehemaliges Fitnessstudio, das als Verteilzentrum eingerichtet wurde. Die obdachlosen Familien sollen ErsatzWohnungen bekommen. Viele Feuerwehrmänner und - frauen, die sich durch das Inferno kämpften, können das Erlebte kaum verarbeiten. Für wenig Geld wäre ein besserer Brandschutz zu haben gewesen, sagen sie. Wenn tatsächlich ein defekter Kühlschrank die Brandursache gewesen sein sollte, dann hätte ein Wohnungsbrand schnell gelöscht werden können. Englische Boulevardzeitungen machen sogar die EURichtlinien für Kühlschränke für das Unglück verantwortlich. Das Dämmmaterial, das im Grenfell Tower verwendet wurde, ist in den USA seit 2012 verboten. Experten vermuten, dass es in Großbritannien in Tausenden Gebäuden verbaut wurde. (Seite 20)
Freitagabend zogen tausende Demonstranten Richtung Downing Street. Auf Pla- katen stand „Gerechtigkeit für Grenfell! Wir fordern die Wahrheit“. Auch Slogans wie „May muss gehen“waren zu lesen. Die Premierministerin musste nach einem Besuch in der Nachbarschaft des Brandortes sogar in Sicherheit gebracht werden.
„Wir haben ungefähr 4000 Hochhäuser im Land, aber nicht bei allen wurde die Fassade erneuert“, sagte Sajid Javid, der für die Kommunen zuständige Minister. Man werde alles tun, um sicherzustellen, dass sich eine solche Katastrophe nicht wiederhole. Doch viele Briten glauben nicht, dass sich im Sozialbau etwas ändern wird. Sie geben der Regierung Mitschuld.