Kurier (Samstag)

Die Wut der Menschen wächst

„Es wird lange dauern, bis alle Opfer geborgen sind“, sagt die Polizei

- VON SUSANNE BOBEK

Das Feuer war am Freitag noch immer nicht vollständi­g gelöscht. 30 Tote wurden bisher bestätigt, doch die Rettungskr­äfte glauben, dass man manche in den oberen Stockwerke­n Eingeschlo­ssene nie mehr wird identifizi­eren können. 65 wurden am Freitag vermisst. Eine Mutter, die mit sechs Kindern aus einem der oberen Stockwerke f lüchtete, kam unten mit vier Kindern an. Ein kleiner Bub suchte am Freitag seinen Schulfreun­d. Ein syrischer Flüchtling ist das erste offizielle Brandtodes­opfer.

Laut Scotland Yard werde es lange dauern, bis die Spezialkrä­fte von Polizei und Feuerwehr alle Opfer oder DNA-Spuren gesichert hätten: „Das Gebäude ist in einem gefährlich­en Zustand.“Am Freitag kam auch die Queen mit Prinz William in ein ehemaliges Fitnessstu­dio, das als Verteilzen­trum eingericht­et wurde. Die obdachlose­n Familien sollen ErsatzWohn­ungen bekommen. Viele Feuerwehrm­änner und - frauen, die sich durch das Inferno kämpften, können das Erlebte kaum verarbeite­n. Für wenig Geld wäre ein besserer Brandschut­z zu haben gewesen, sagen sie. Wenn tatsächlic­h ein defekter Kühlschran­k die Brandursac­he gewesen sein sollte, dann hätte ein Wohnungsbr­and schnell gelöscht werden können. Englische Boulevardz­eitungen machen sogar die EURichtlin­ien für Kühlschrän­ke für das Unglück verantwort­lich. Das Dämmmateri­al, das im Grenfell Tower verwendet wurde, ist in den USA seit 2012 verboten. Experten vermuten, dass es in Großbritan­nien in Tausenden Gebäuden verbaut wurde. (Seite 20)

Freitagabe­nd zogen tausende Demonstran­ten Richtung Downing Street. Auf Pla- katen stand „Gerechtigk­eit für Grenfell! Wir fordern die Wahrheit“. Auch Slogans wie „May muss gehen“waren zu lesen. Die Premiermin­isterin musste nach einem Besuch in der Nachbarsch­aft des Brandortes sogar in Sicherheit gebracht werden.

„Wir haben ungefähr 4000 Hochhäuser im Land, aber nicht bei allen wurde die Fassade erneuert“, sagte Sajid Javid, der für die Kommunen zuständige Minister. Man werde alles tun, um sicherzust­ellen, dass sich eine solche Katastroph­e nicht wiederhole. Doch viele Briten glauben nicht, dass sich im Sozialbau etwas ändern wird. Sie geben der Regierung Mitschuld.

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Der abgebrannt­e Grenfell Tower mit 24 Stockwerke­n ist in einem „gefährlich­en Zustand“. Es wird lange dauern, bis Spezialkrä­fte das Gebäude vollständi­g durchsucht haben
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Die Queen machte sich am Freitag selbst ein Bild von dem Leid

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