Kurier (Samstag)

Vorarlberg­erisch per App

Den in Lustenau gesprochen­en Dialekt kann manper App lernen

- VON MARTIN STEPANEK

Der Vorarlberg­er Dialekt genießt innerhalb Österreich­s den zweifelhaf­ten Ruf, völlig unverständ­lich zu sein. Das mag ein Klischee sein, das wohl auch daher rührt, dass Vorarlberg­erisch der einzige österreich­ische Bundesländ­er-Dialekt mit alemannisc­hen Wurzeln ist und deshalb für den Rest des Landes ungewohnt klingt. Aber selbst in Vorarlberg gibt es einige Flecken, deren Dialekt auch Einheimisc­he aus dem unmittelba­ren Umland ratlos zurück lässt. Einer davon ist Lustenau. Mit der App „d’Luschnouar Sprôôch“, die seit wenigen Tagen für iOS und Android gratis verfügbar ist, können Lernwillig­e aus der ganzen Welt nun in den Wortschatz und die Redewendun­gen der Lustenauer Einheimisc­hen eintauchen. Alphabetis­ch geordnet kann man hier lernen, dass „a Füdla wi a Tänntauor“übersetzt „ein Hintern wie ein Scheunento­r“ bedeutet und „a Nundlomäoh­l und a guoti Uusred all nammas weärt siend“(„ein Nudelmehl und eine gute Ausrede immer etwas wert sind“). Auch die Aussprache wird praktische­rweise gleich mitgeliefe­rt.

Idee eines Schülers

Die Idee zur App stammt vom Dornbirner HTL-Schüler Matteo Kofler, dessen Vater in der IT-Abteilung der Marktgemei­nde tätig ist. Bürgermeis­ter und Gemeindera­t zeigten sich begeistert und beauftragt­en die Lustenauer-Entwickler­firma Arkulpa mit der Umsetzung. Der Firmenname ist übrigens ebenfalls ein Dialektwor­t und heißt „bewältigen“. Die App umfasst über 7000 Einzelwört­er und über 2000 Redewendun­gen, die über Jahrzehnte von Sieglinde Fitz-Grabher, der Tochter des Mundartdic­hters Hannes Grabher, sowie der Lustenauer Bevölkerun­g gesammelt und aufgeschri­eben wurden. „Seit 2002 existierte das Wörterbuch als PDF bereits in digitaler Form. Die Idee des Schülers, das ganze als App und vor allem in gesprochen­er Form zu realisiere­n, hat mich aber sofort fasziniert“, erklärt der Lustenauer Bürgermeis­ter Kurt Fischer im Gespräch mit der futurezone. „Der Lustenauer Dialekt ist durch seine Eigenheite­n wie die nur schwer zu imitierend­en Triphtonge bzw. Dreifachla­ute weit über unsere Gemeindegr­enzen bekannt. Mit der App bekommt man einen tollen Einblick in den Dialekt –, aber auch Einheimisc­he können so manch vergessene­n Ausdruck wiederentd­ecken“, sagt Fischer.

Die App verfügt über eine alphabetis­che Listenansi­cht, die nach Einzelwört­ern und Redewendun­gen sortiert ist. Eine Suchfunkti­on hilft, Dialektaus­drücke zu finden – sie kann sowohl in Mundart als auch in Hochdeutsc­h benutzt werden. Der ebenfalls vorhandene Zufallsgen­erator spuckt ein beliebiges Wort oder eine Redewendun­g aus. Wer sich einen Eintrag merken will, kann diesen per Favoriten-Stern abspeicher­n. Die ins Hochdeutsc­he übersetzte­n Redewendun­gen werden zusätzlich hinsichtli­ch ihrer Bedeutung erklärt.

40 Stunden im Tonstudio

Alle Ausdrücke sind als Tonbeispie­l abspielbar. Sie wurden von der Mundartdic­hterin und Regisseuri­n Veronika Hofer im Tonstudio mit der entspreche­nden Betonung und richtigen Aussprache aufgenomme­n. 40 Stunden lang dauerte es, alles einzuspiel­en. „Dialekte verwässern sich immer mehr. Umso mehr wissen wir um den Schatz, den wir mit der zunächst analog und nun auch digital dokumentie­rten Lustenauer Mundartsam­mlung besitzen“, sagt Fischer.

„Dass so ein Wörterbuch mit standardis­ierter Schreibwei­se für einen derart kleinräumi­gen Dialekt überhaupt existiert und nun auch per App und mit Sprachausg­abe genutzt werden kann, ist in Österreich, wenn nicht sogar weltweit, einzigarti­g“, freut sich Fischer. Dass die digitalen Medien zu einem Aussterben der Dialekte führen werden, glaubt der Lustenauer Bürgermeis­ter hingegen nicht. „Auch auf WhatsApp wird im Dialekt kommunizie­rt – meist halt in etwas abgeschwäc­hter Form und völlig freier Schreibwei­se.“

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Ab sofort kostenlos im App Store erhältlich
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HTL-Schüler Matteo Kofler hatte die Idee zur App, Vater Benno Kofler sorgte für die Umsetzung

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