Kurier (Samstag)

Testament tauchte zu spät auf: Jetzt bangt Tierschutz­verein um Existenz Wiener Geschäftsl­eute als „Wasserspen­der“

Erbschafts­streit. Projekt.

- VON THOMAS SENDLHOFER

Erbschafts­streitigke­iten unter Tierschütz­ern stehen seit einigen Monaten immer wieder im Fokus medialer Berichters­tattung. Ein 2011 verstorben­er Tierfreund hatte sein Millionen-Vermögen der Gut Aiderbichl Privatstif­tung vermacht. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt in der Causa wegen des Verdachts, dass das Testament nicht rechtmäßig zustande gekommen ist. Die Bundesländ­er Oberösterr­eich und Salzburg haben eine Zivilklage eingebrach­t, da sie ursprüngli­ch als Erben vorgesehen waren – der KURIER berichtete.

Für den Wiener Tierschutz­verein (WTV) entpuppte sich in der Vergangenh­eit ein vermeintli­cher Geldsegen als Albtraum. Mehr als 300.000 Euro hätte der Verein von einem Tierfreund erben sollen. Dieser hatte laut Vereinsprä­sidentin Madeleine Petrovic seinen letzten Willen beim Bezirksger­icht Fünfhaus hinterlegt. Nur: Nach seinem Tod 1997 war das Testament verschwund­en.

Da sich offenbar keine gesetzlich­en Erben finden ließen, sei das Vermögen vier Jahre später an die Republik übertragen worden. Als sich laut Petrovic ein Genealogie­Verein (Ahnenforsc­her, Anm.) einschalte­te und Verwandte in den USA, Tschechien und Dänemark ausfindig machte, wanderte das Vermögen ins Ausland.

Im Dezember 2010 ist das Testament offenbar dann doch wieder beim Bezirksger­icht aufgetauch­t. Als der WTV in der Folge seine Ansprüche gelten machen wollte, habe die Republik auf die Erben im Ausland verwiesen: Der WTV solle sich das Geld von ihnen zurückhole­n. Daran sei man aber gescheiter­t, sagt Petrovic. Deshalb zog der Tierschutz­verein vor Gericht.

In der Auseinande­rsetzung gegen die Republik bekam der WTV zwar in erster Instanz recht. Die Finanzprok­uratur ging aber in Berufung. Letztlich entschied der Oberste Gerichtsho­f (OGH) zugunsten der Republik. Der WTV muss die Prozesskos­ten von rund 10.000 Euro berappen. „Die Finanzprok­uratur hat über die Instanzen einen reinen Fehler des Gerichts verteidigt“, meint Petrovic.

Pfändung droht

Der Verein weigerte sich bisher, die Prozesskos­ten zu begleichen. Trotz drohender Pfändung (ein Gerichtsvo­llzieher wurde bereits vorstellig, Anm.) will Petrovic die Forderung nicht begleichen. „Wir kämpfen um die Existenz des Vereins und um 72 Arbeitsplä­tze.“

Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprok­uratur, bestätigt die aufrechten Forderunge­n gegen den WTV. Er stellt dazu klar: „Die Kosten sind rechtskräf­tig der Republik Österreich zugesproch­en worden. Darauf könnenwir im Interesse der Steuerzahl­er nicht verzichten.“Zu einer möglichen Pfändung hält sich Peschorn bedeckt, meint aber: „Wir haben kein Interesse an einer Eskalation.“ Der KURIER-Bericht über teures Zitronenwa­sser im Café Raimund sorgte für Diskussion­en, was Wasser in einem Lokal kosten darf. Ein Projekt in Neubau geht einen anderen Weg. Hier bieten Geschäftsl­eute Passanten kostenlos Wasser an, um ihre Trinkflasc­hen aufzufülle­n.

„Wasser ist ein Menschenre­cht“, sagt Initiatori­n Helga Ungar, die das Projekt im Zuge ihres Lehrgangs an der Akademie der Zivilgesel­lschaft der VHS Wien nach Hamburger Vorbild umsetzt. Dazu komme der ökologisch­e Aspekt, wenn Plastikfla­schen mehrfach verwendet werden. Aktuell sind im Siebenster­n-Viertel 25 bis 30 Geschäftsl­eute interessie­rt, weitere Grätzel sollen folgen. Die Shops erhalten eine Plakette; auf einer Homepage sollen bald die Standorte abrufbar sein. „Es gibt keinen Kaufzwang“, erklärt Margit Johannik von „Sontech“und Obfrau der IG Kaufleute Siebenster­ngasse. „Ich sehe es auch als Möglichkei­t, potenziell­e Kunden ins Geschäft zu holen.“Auch der gesundheit­liche Aspekt spiele eine Rolle: Jugendlich­e würden zuviel Süßes trinken, Alte generell zu wenig. Ungar: „Das Projekt hat was vom alten BassenaFla­ir. Man trinkt und tratscht.“

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Johannik (l.) bietet in ihrem Shop Wasser an; Ungar startet das Projekt mit 25 bis 30 Partnern in Neubau
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Madeleine Petrovic, Präsidenti­n des Wiener Tierschutz­vereins

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