Kurier (Samstag)

Der erste Höhepunkt: Prophets Of Rage

Nova Rock.

- – B. SCHOKARTH

Unten, im Staub zwischen den Pizza-Buden und Bierstände­n, ist die entspannte Stimmung beim heurigen Nova Rock eine tolle Sache. Es scheint, als habe sich der Fokus des Festival-Lebens vom Eskapismus durch Alkohol zum Eskapismus durch Musik – zum ursprüngli­chen Sinn eines Festivals – zurück verschoben. Schon am Nachmittag sind nämlich heuer so viele Fans vor den Bühnen wie in den Jahren davor erst abends.

Der Haken: Oben auf den Bühnen, speziell bei den Haupt-Acts, fehlte es heuer bis zum Ende von Tag drei ein wenig an Spannung.

Ja, es gab auch schon davor einige gute Shows. Aber Blink 182, die Headliner vom zweiten Tag gehörten nicht dazu. Sie enttäuscht­en genauso, wie am Tag davor Linkin Park. Immer wieder erklärten die Fun-Punker rund um Bassist Mark Hoppus: „Wir sind Blink 182“. Aber das machte ihren Auftritt auch nicht spannender. Kinderlied-Melodien über stampfende­n Gitarren sind durchaus spaßig – für fünf, sechs Songs. Danach hatte man aber das Gefühl, dass sich alles wiederholt – obwohl Blink 182 in der Setlist ganz dem Publikum dienten und keinen Hit ausließen. Aber irgendwie fehlte ihnen der Drive.

Spundprobl­eme

Na gut, wer mit 45 immer noch pubertäre Songs aus der Teenagerze­it breittrete­n muss, dem kann es schon schwerfall­en, dabei überzeugt ans Werk zu gehen. Und weil Blink 182 zusätzlich noch arge Soundprobl­eme hatten, wanderten die Fans nach rund 20 Minuten zu Slayer auf der anderen Bühne ab. Die Thrash-Metaller um Bassist Tom Araya lieferten das, was von ihnen erwartet wurde: Wuchtige, dröhnende, kompromiss­lose Härte. Trotzdem wanderten auch bei ihnen viele vorzeitig ab.

Entspannt begann auch der Freitag. Of Mice And Men und ihr wuchtiger Metalcore-Sound wurde von vielen im Sitzen, als Untermalun­g der Kaffeepaus­e genossen. Man wollte wohl die Kräfte sparen.

Denn mit Prophets Of Rage kam danach eine Supergroup. Sie besteht aus drei Mitglieder­n von Rage Against The Machine, zwei von Public Enemy und B-Real von Cypress Hill. Die Band formierten sich voriges Jahr während der US-Wahlen – wie Frontmann Tom Morello dem Rolling Stone erklärte, als „Elite-Task-Force von revolution­ären Musikern, die diesem Berg von Wahl-Scheiße frontal gegenübers­tehen – und zwar mit glühenden Marschall-Verstärker­n.“

So feurig wie diese Ansage klang auch ihr Nova-RockKonzer­t, bei dem sie viele Songs von Rage Against The Machine, aber auch von Public Enemy und Cypress Hill, (unter anderen den Hit „Insane In The Brain“) spielten: Rap, Rock, Hip-Hop, Wut, Haltung und Botschaft mischten sich dabei zu einem rabiaten Sound, der – leidenscha­ftlich vorgetrage­n – das Spannungsd­efizit bei den Main-Acts blitzartig vertrieb. Regengüsse hin oder her – das war eindeutig die bisher beste Show.

Gegen Mitternach­t stand dann mit System Of A Down noch ein Act auf dem Plan, der immer Spannung bieten kann: Diese Amerikaner spielen mit ihrer Musikalitä­t und dem einzigarti­gen, charakteri­stischen Sound, der Metal mit Einflüssen aus östlicher Folklore verbindet, in ihrer eigenen Liga.

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