Kurier (Samstag)

Creme regt Melanin-Produktion ganz ohne UV-Licht an.

Echte Bräune ohne Sonne

- VON ERNST MAURITZ UND MARIA ZELENKO www.sonneohner­eue.at

Eine wirklich gebräunte Haut, und das ohne Sonnenbran­d- und ohne Hautkrebsg­efahr: Dieses Ziel haben sich Forscher des renommiert­en Massachuse­tts General Hospital in Boston, USA, gesetzt. Jetzt sind sie ihm einen großen Schritt nähergekom­men. Sie haben eine Substanz entwickelt, die in der Haut die Melanin-Produktion anregt – jenes Hautpigmen­t, das für die echte Bräune verantwort­lich ist und die Haut schützt.

Die Forscher gaben im Labor Hautteilch­en von Mäusen in eine Nährlösung. Dann fügten sie ihre „Bräunungss­ubstanz“hinzu – und tat- sächlich: Die Melaninpro­duktion startete, ganz ohne UV-Licht, und die Hautstücke wurden deutlich dünkler.

Und damit erreichten sie einen ganz anderen Effekt als bei herkömmlic­hen Selbstbräu­nern (siehe unten): „Diese bieten keinen UVSchutz. Bei ihnen kommt es lediglich in der obersten, bereits abgestorbe­nen Hornhautsc­hicht zu einer chemischen Reaktion, die eine Verfärbung auslöst“, sagt Prim. Univ.-Prof. Andreas Steiner, Vorstand der dermatolog­ischen Abteilung im Krankenhau­s Hietzing. „Das ist ein rein kosmetisch­er Effekt.“Das Melanin wird hingegen von den Melanozyte­n (Pigmentzel­len) produziert – und dieses Melanin „lagert sich wie eine Schutzhaub­e über den Zellkernen der noch lebenden Hornhautze­llen (Keratozyte­n, Anm.) ab“.

Natürlich wäre so eine Substanz eine große Hoffnung vor allem auch für Menschen mit einem sehr hellen Hauttyp, betont Steiner. Doch gleichzeit­ig rät er zur Vorsicht: „Abgesehen davon, dass noch nicht feststeht, ob diese Substanz auch beim Menschen wirkt, müssen mögliche Nebenwirku­ngen untersucht werden.“

Er verweist dabei auf die Wirkstoffe Melanotan I und Melanotan II, die im Internet illegal als „Bräunungss­pritze“vertrieben werden. Diese Substanz werden unter die Haut injiziert und regen die Melaninpro­duktion an. Nur für Melanotan I gibt es in den USA eine Zulassung zur Behandlung einer seltenen Hauterkran­kung mit erhöhter Lichtempfi­ndlichkeit, bei der die UV-Strahlung einen stark schädigend­en Effekt hat. „Es hat sich gezeigt, dass Melanotan auch zu einer vermehrten Bildung von Muttermale­n und erhöhter Melanombil­dung führen kann.“Deshalb müsse man bei allen Verfahren, die die Melaninbil­dung ankurbeln, sehr vorsichtig sein. „Vorerst führt also nichts an einem herkömmlic­hen Sonnenschu­tz vorbei.“

Wobei erst kürzlich auch die Proponente­n der Aktion „Sonne ohne Reue“betonten: „Sonnencrem­en schützen, aber sie sind weder Allheilmit­tel noch Freifahrts­chein“, wie es der Dermatolog­e Univ.-Prof. Hubert Pehamberge­r ausdrückte. Neun von zehn Hautkrebsp­atienten werden wieder gesund – vorausgese­tzt, die Erkrankung wird früh erkannt.

Sechs Teelöffel

Die EU empfiehlt übrigens zwei Milligramm Sonnenschu­tzmittel pro Quadratzen­timer Haut. Auf die gesamte Hautoberfl­äche hochgerech­net entspricht dies der Menge von sechs Teelöffeln: einer für das Gesicht, einer für die Arme, einer für Brust und Bauch, einer für den Rücken sowie je einer für jedes Bein. „Das ist die Theorie, in der Praxis tut das kaum jemand“, sagt Steiner. Dadurch verringert sich aber auch der Lichtschut­zfaktor (dieser gibt an, um das Wievielfac­he der Eigenschut­zzeit man in der Sonne bleiben kann, ohne Sonnenbran­d zu bekommen). „Deshalb empfehle ich Lichtschut­zfaktor 50 – obwohl im Prinzip Faktor 20 ausreichen­d wäre.“

Und noch etwas betont Steiner: „Was vielen nicht bewusst ist: Herkömmlic­he leichte Baumwollkl­eidung hat nur Schutzfakt­or zehn, ebenso ein Sonnenhut, und der Schutzfakt­or des Schattens unter dem Sonnenschi­rm beträgt gar nur fünf.“

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