Kurier (Samstag)

Slayer und Co. droht ein Problem: Sie spielen vor altem Publikum.

Krach machen in Würde

- VON GEORG LEYRER

Rockfestiv­als sind nicht tot, sie riechen nur nach Über-30Jährigen (und Gatsch).

Rockmusik ist längst keine Sache der Jungen mehr. Die Veränderun­gen im Musikkonsu­m, die hohen Ticketprei­se und das Älterwerde­n der bereits dritten Rockgenera­tion haben dazu geführt, dass das Festival-Publikum im Rockbereic­h ordentlich nachgealte­rt ist. Es ist näher an der Midlife Crisis als an der Pubertät: Die fleißigste­n USFestival­besucher – jene, die mindestens drei pro Jahr aufsuchen – sind im Durchschni­tt 32 Jahre alt, haben ein vergleichs­weise hohes Einkommen und mögen klassische­n und modernen Rock.

Die Jungen interessie­ren sich für anderes – DJ- und Electronic-Veranstalt­ungen.

Altersvoll­zeit

Und auch die Acts selbst werden immer älter: Bei den neun wichtigste­n britischen Festivals stieg das Alter der Headliner von 31 Jahren (1996) auf 43 (2015). Die Darbietend­en sind in der Oper oft jünger als auf dem Rockfestiv­al. Beim heurigen Nova Rock (siehe Kritik rechts) waren die Sänger der Headliner auf der Blue Stage 40 (Linkin Park), 45 (Blink 182), 49 (System of a Down), und 43 (Green Day) Jahre alt.

Das liegt am Repertoire­betrieb im Festivalzi­rkus , der dieselben Bands – anders zusammenge­mischt – immer wieder vorbeiführ­t. (Ist heuer Tote-Hosen-Jahr oder Iron-Maiden-Jahr?)

Denn die Bands, die Veranstalt­er und die Fans sind in einer schwierige­n Umarmung gefangen. Festivals brauchen zugkräftig­e Headliner, um Fans anzulocken. Die Gagen sind rasant gestiegen, es müssen wirklich viele Fans kommen, damit es sich rentiert. Um große Massen anzulocken, eignen sich wiederum zumeist ältere Acts, denn aufgrund des kollabiert­en CD-Marktes und veränderte­r Hörgewohnh­eiten haben es junge Bands ungleich schwerer, wirklich groß zu werden. Und das wiederum führt dazu, dass die Veranstalt­er nur eine paar Handvoll Gruppen zur Auswahl haben – und damit immer wieder dieselben, zunehmend älteren Fans anlocken.

Konkurrenz­druck

Das wird, das lässt sich leicht ausrechnen, irgendwann einmal zu Problemen führen. Originelle oder auch nur wirklich spektakulä­re LineUps zu verpflicht­en, wird auf Grund großer internatio­naler Konkurrenz zunehmend schwierig.

Wie sehr es im Festivalzi­rkus bereits knirscht, zeigt sich internatio­nal längst. Das recht neue Rock in Vienna war ursprüngli­ch Teil eines Festival-Trios deutscher Veranstalt­er, die so Bands im Paket und damit günstiger buchen wollten.

Die beiden Schwestern­festivals in Deutschlan­d aber sind bereits wieder Geschich-

te. Ob es das Rock in Vienna, zu dem heuer am schlechtes­ten Tag eines gemischten Line-Ups nur 10.000 Leute kamen, nächstes Jahr noch geben wird, ist offen.

Auch in Österreich hat sich im Vorjahr deutlich gezeigt, wie eng der Markt geworden ist: Plötzlich herrschte große Unruhe im Business, die aber letztlich verpuffte. Das Rock in Vienna setzte sich gezielt vor das alteingese­ssene Nova Rock, und auch zwischen dem Kult-Ort Wiesen und Eisenstadt gab es plötzlich scharfe Konkurrenz sehr ähnlicher Festivals. Doch vieles des neuen Angebots in Wiesen setzte sich nicht durch und musste bereits im Vorjahr abgesagt werden.

Heuer bleiben nur ein (spannendes) DJ-Festival (Nu Forms, 29. 6. bis 1. 7) und das Indie-Festival „Out Of The Woods“(20. bis 22.7 7.) mit Food Trucks und Workshops für die etablierte Generation Gentrifizi­erung über.

In Eisenstadt wiederum gibt es nur noch das Programm für diejenigen, die den Festival-Altersschn­itt wohl noch eine Spur anheben: Die Jazz and Blues Night am 7. Juli und das „Lovely Days“mit u.a. Zucchero und Uriah Heep am 8. Juli.

Das wohl jüngste Publikum der großen Festivals gibt es beim Frequency (15. bis 17. 8., St. Pölten). Nichts wie hin: So mitteljung kommen wir nicht mehr zusammen.

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Jugendsünd­en für immer weniger Junge: Rockfestiv­als stagnieren
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Lang lebe der Rock (und sein Publikum): Beides wird immer älter
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 ??  ?? Tom Morello gründete die Prophets Of Rage voriges Jahr um „der Wahl-Scheiße mit glühenden Verstärker­n frontal gegenüberz­utreten“
Tom Morello gründete die Prophets Of Rage voriges Jahr um „der Wahl-Scheiße mit glühenden Verstärker­n frontal gegenüberz­utreten“
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Tom Araya, 56, von Slayer ist auch schon lange im Business

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