Slayer und Co. droht ein Problem: Sie spielen vor altem Publikum.
Krach machen in Würde
Rockfestivals sind nicht tot, sie riechen nur nach Über-30Jährigen (und Gatsch).
Rockmusik ist längst keine Sache der Jungen mehr. Die Veränderungen im Musikkonsum, die hohen Ticketpreise und das Älterwerden der bereits dritten Rockgeneration haben dazu geführt, dass das Festival-Publikum im Rockbereich ordentlich nachgealtert ist. Es ist näher an der Midlife Crisis als an der Pubertät: Die fleißigsten USFestivalbesucher – jene, die mindestens drei pro Jahr aufsuchen – sind im Durchschnitt 32 Jahre alt, haben ein vergleichsweise hohes Einkommen und mögen klassischen und modernen Rock.
Die Jungen interessieren sich für anderes – DJ- und Electronic-Veranstaltungen.
Altersvollzeit
Und auch die Acts selbst werden immer älter: Bei den neun wichtigsten britischen Festivals stieg das Alter der Headliner von 31 Jahren (1996) auf 43 (2015). Die Darbietenden sind in der Oper oft jünger als auf dem Rockfestival. Beim heurigen Nova Rock (siehe Kritik rechts) waren die Sänger der Headliner auf der Blue Stage 40 (Linkin Park), 45 (Blink 182), 49 (System of a Down), und 43 (Green Day) Jahre alt.
Das liegt am Repertoirebetrieb im Festivalzirkus , der dieselben Bands – anders zusammengemischt – immer wieder vorbeiführt. (Ist heuer Tote-Hosen-Jahr oder Iron-Maiden-Jahr?)
Denn die Bands, die Veranstalter und die Fans sind in einer schwierigen Umarmung gefangen. Festivals brauchen zugkräftige Headliner, um Fans anzulocken. Die Gagen sind rasant gestiegen, es müssen wirklich viele Fans kommen, damit es sich rentiert. Um große Massen anzulocken, eignen sich wiederum zumeist ältere Acts, denn aufgrund des kollabierten CD-Marktes und veränderter Hörgewohnheiten haben es junge Bands ungleich schwerer, wirklich groß zu werden. Und das wiederum führt dazu, dass die Veranstalter nur eine paar Handvoll Gruppen zur Auswahl haben – und damit immer wieder dieselben, zunehmend älteren Fans anlocken.
Konkurrenzdruck
Das wird, das lässt sich leicht ausrechnen, irgendwann einmal zu Problemen führen. Originelle oder auch nur wirklich spektakuläre LineUps zu verpflichten, wird auf Grund großer internationaler Konkurrenz zunehmend schwierig.
Wie sehr es im Festivalzirkus bereits knirscht, zeigt sich international längst. Das recht neue Rock in Vienna war ursprünglich Teil eines Festival-Trios deutscher Veranstalter, die so Bands im Paket und damit günstiger buchen wollten.
Die beiden Schwesternfestivals in Deutschland aber sind bereits wieder Geschich-
te. Ob es das Rock in Vienna, zu dem heuer am schlechtesten Tag eines gemischten Line-Ups nur 10.000 Leute kamen, nächstes Jahr noch geben wird, ist offen.
Auch in Österreich hat sich im Vorjahr deutlich gezeigt, wie eng der Markt geworden ist: Plötzlich herrschte große Unruhe im Business, die aber letztlich verpuffte. Das Rock in Vienna setzte sich gezielt vor das alteingesessene Nova Rock, und auch zwischen dem Kult-Ort Wiesen und Eisenstadt gab es plötzlich scharfe Konkurrenz sehr ähnlicher Festivals. Doch vieles des neuen Angebots in Wiesen setzte sich nicht durch und musste bereits im Vorjahr abgesagt werden.
Heuer bleiben nur ein (spannendes) DJ-Festival (Nu Forms, 29. 6. bis 1. 7) und das Indie-Festival „Out Of The Woods“(20. bis 22.7 7.) mit Food Trucks und Workshops für die etablierte Generation Gentrifizierung über.
In Eisenstadt wiederum gibt es nur noch das Programm für diejenigen, die den Festival-Altersschnitt wohl noch eine Spur anheben: Die Jazz and Blues Night am 7. Juli und das „Lovely Days“mit u.a. Zucchero und Uriah Heep am 8. Juli.
Das wohl jüngste Publikum der großen Festivals gibt es beim Frequency (15. bis 17. 8., St. Pölten). Nichts wie hin: So mitteljung kommen wir nicht mehr zusammen.