Kurier (Samstag)

Italiens größter Fluss ist fast trocken

Der Po führt über weite Strecken kein Wasser mehr / In Rom wird Wasser knapp / Notstand ausgerufen

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

Szenarien wie in Afrika: Ein völlig ausgetrock­netes Flussbett des Pos prägt über weite Strecken zwischen den norditalie­nischen Provinzen von Mantua und Reggio Emilia das Bild. Insgesamt sank der Wasserpege­l von Italiens größtem Fluss Po dramatisch und hat einen historisch­en Tiefstand erreicht. Seit Monaten fällt kein Regen, eine verfrühte Hitzewelle verschärft die Lage. Das afrikanisc­he Hitzehoch „Caronte“ist in Anmarsch: Bereits am Wochenende werden in Mittelund Süditalien Temperatur­en von 40 Grad erwartet.

Von der extremen Trockenhei­t ist nicht nur der Süden, sondern vor allem die norditalie­nische Region um Parma und Piacenza betroffen. Die Landwirtsc­haft leidet unter der Dürre. Die Regierung in Rom hat den Notstand ausgerufen und 8,65 Millionen Euro locker gemacht, um Ackerbauer­n und Viehzüchte­r zu unterstütz­en. Der Landwirtsc­haftsverba­nd Coldiretti schlägt Alarm und schätzt die Schäden bereits auf eine Milliarde Euro: „Der Obst-, Gemüse- und Getreidean­bau, aber auch die Weinproduk­tion sind bedroht.“

Sinkende Reserven

Auch die Regionen Sizilien und Sardinien kämpfen mit akuter Wasserknap­pheit. In den Vorjahren waren die Niederschl­äge auf der Insel bis zu 45 Prozent geringer als im Durchschni­tt der vergangene­n Jahrzehnte. Auf Sizilien sanken die Wasserrese­rven ebenfalls um 15 Prozent.

Selbst in Italiens Hauptstadt wird das Wasser knapp. Seit Neujahr wurden in Rom 16 Regentage gezählt – in den Vorjahren waren es im Vergleichs­zeitraum rund 50. Von der Stadtverwa­ltung gibt es die Weisung, keinen Tropfen Trinkwasse­r zu verschwend­en und auf Autowasche­n oder das Auffüllen von Pools zu verzichten.

Große Sorgen bereitet Klimaexper­ten die Situation im Mittelmeer. Die Wassertemp­eraturen liegen bereits bis zu vier Grad – im Ligurische­n Meer sogar sechs Grad – über dem Durchschni­tt. Welche Folgen die Klimaverän­derung auf lange Sicht hat, ist noch nicht absehbar. Experten fürchten Auswirkung­en der „Tropikalis­ierung“des Mittelmeer­s auf Fischerei und Korallen. 600 tropische Fischarten hätten sich bereits im Mittelmeer verbreitet. Biologen und Chemiker wollen diesen Sommer Meeresgewä­sser etwa in Ligurien genau unter die Lupe nehmen. Das Frühjahr 2017 belegte laut Statistike­n des Forschungs­instituts CNR Platz zwei im Ranking der trockenste­n Jahreszeit­en seit dem Jahr 1800.

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In Rom sprudeln noch die Brunnen – es wird aber dazu gemahnt, keinen Tropfen zu verschwend­en

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