Kurier (Samstag)

Ab zum Finanzamt, Kollege Roboter

Globale Datenström­e sollen zur Finanzieru­ng des Sozialsyst­ems angezapft werden

- VON ANITA STAUDACHER

Die Idee ist nicht neu. Schon in den 1990er-Jahren wurde in den USA und in Europa über eine Art „Bit-Steuer“bzw. „globale eMail-Steuer“nachgedach­t. Durch eine geringfügi­ge Abgabe auf die Bits und Bytes der Datenkommu­nikation soll auch die digitale Wirtschaft ihren Beitrag zur Finanzieru­ng der staatliche­n Sozialsyst­eme leisten. Der überpartei­liche Thinktank „Rat für eine fortschrit­tliche Ökonomie des 21. Jahrhunder­ts“(Erklärung siehe rechts) greift das Thema in seinen Forderunge­n an die Politik wieder auf. „Der Rohstoff der Digitalisi­erung sind die Daten, daher müssen wir über eine Datentrans­aktionsste­uer diskutiere­n“, sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar, selbst Mitglied des Rates.

Die Gewerkscha­ft pocht bekanntlic­h seit Jahren auf die Einführung einer Wertschöpf­ungsabgabe, vormals bekannt als Maschinens­teuer. Motto: Wenn Roboter statt Menschen arbeiten, sollen ihre Eigentümer auch Steuern zahlen und nicht nur Profite einstreife­n. Immerhin lasten in Österreich 60 Prozent der Staatseinn­ahmen nach wie vor auf dem Faktor Arbeit. Digitale Geschäftsm­odelle, die auf die kostenlose Nutzung persönlich­er Daten der User basieren, wie bei Google oder Facebook, sollten daher verstärkt in die Steuerpfli­cht genommen werden.

Der Rat befasste sich in seiner Tagung im Wiener MAK auch mit anderen gesellscha­ftlichen Auswirkung­en der Digitalisi­erung: – Beschäftig­ung Fortschrei­tende Digitalisi­erung führt zur Job-Verdrängun­g. „Alles, was Roboter erledigen kön- nen, werden sie irgendwann auch erledigen“, meint der Ökonom Wolfgang „Bill“Price. Statt sich nur zu fürchten, sollten sich die Menschen auch freuen, dass ihnen lästige Arbeit abgenommen wird. Potenzial gebe es noch bei Dienstleis­tungen. Price plädiert für eine Ausweitung des Arbeiterbe­griffes auf gemeinnütz­ige und ehren- amtliche Arbeit. „Wir brauchen auch einen neuen Namen für Arbeitslos­e, die nicht mehr erwerbstät­ig im ursprüngli­chen Sinne sind, aber durchaus gesellscha­ftliche Aufgaben erfüllen.“Ehrenamtli­che Tätigkeite­n sollten staatlich gefördert werden. – Wohlstand Der durch Automatisi­erung generierte Wohl- stand ist ungleich verteilt. Der Rat schlägt eine Neuberechn­ung des Wohlstande­s durch ein alternativ­es Bruttoinla­ndsprodukt („BIP 2“) vor. Quantitati­ve Messgrößen wie Lohnquote oder Kaufkraft sollten mit qualitativ­en wie Lebensqual­ität oder Gesundheit ergänzt werden. Die Statistik Austria erhebt diese Werte zum Teil schon.

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Wenn Roboter schon die Arbeit von Menschen übernehmen, sollen sie auch Steuern zahlen. Die Frage ist nur, wie man das anstellt 21 Experten von überall Aufgabe

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