Kurier (Samstag)

In Farbe getaucht

Werkschau zu Alfred Wickenburg – bis 16. Juli

- VON MICHAEL HUBER

Die Klassiker der Moderne werfen große Schatten – neben einem Matisse, einem Picasso oder einem Giorgio de Chirico wächst nicht mehr viel, vor allem ein paar Generation­en später, wo wenige Namen Rekordprei­se erzielen und der „Mittelstan­d“zusehends verschwind­et.

Dabei war Alfred Wickenburg (1885 – 1978) zu Lebzeiten ein durchaus hoch dekorierte­r Künstler – mehrfacher Teilnehmer der Venedig- Biennale, Träger des Großen österreich­ischen Staatsprei­ses und vieles mehr. Mit der Werkschau, die das Belvedere dem Maler noch bis 16. Juli ausrichtet, kommt das Museum nicht nur seiner Aufgabe als Wissensgen­erator der österreich­ischen Kunstgesch­ichte nach – es ruft auch die vielen Facetten der Kunst des 20. Jahrhunder­ts in Erin- nerung, die in der Fokussieru­ng von Museen, Markt und Medien auf eine Handvoll historisch­er Superstars zunehmend verloren geht.

Malender Adelsspros­s

Im steirische­n Bad Gleichenbe­rg als Spross einer Adelsfamil­ie geboren – der Großvater war Gründer des Kurortes – zog es Wickenburg zunächst nach München und später nach Paris, wo er die Arbeiten von Matisse und den „Fauves“sah und mit Emile Bernard ein lebendes Bindeglied zu Van Gogh, Gauguin und Toulouse-Lautrec persönlich kennenlern­te.

Die lyrische Malerei, die ganz auf die Kraft der Farbe vertraute, entwickelt­e Wickenburg später in Österreich weiter, wo er 1935 die Grazer Secession mitbegründ­ete. Die Auswahl des Belvedere zeigt einen interessan­ten Querschnit­t, der teilweise fast wie ein Best-Of moderner Strömungen anmutet: Waren Bilder der 1920er Jahre noch stark an Kubismus und den Fauvismus angelehnt, kommen später bühnenarti­ge, teils irrational­e Kompositio­nen dazu, die an die Bilder eines Giorgio de Chirico angelehnt scheinen. Spätere Gemälde (z. B. „Sightseein­g“, 1971) scheinen in ihrer ungebremst­en Farbigkeit und Strahlkraf­t wiederum schon die Malerei späterer „junger Wilder“wie etwa Alfred Klinkan vorwegzune­hmen. Den Glasfenste­rn, die Wickenburg ab 1960 vermehrt ausführte, ist ein eigener Sektor der Schau gewidmet.

Die Ausstellun­g selbst ist Produkt der umfassende­n Recherche zur Erstellung eines Werkverzei­chnisses, die bis 2018 abgeschlos­sen sein soll. Der aktuelle Stand ist bereits online unter werkverzei­chnisse.belvedere.at einsehbar.

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„Selbstbild­nis in persischer Tracht“, 1920: Alfred Wickenburg blieb bis ins hohe Alter malerisch aktiv

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