Kurier (Samstag)

Friedensst­ifter unter Druck

Harte Budget-Kürzungen, Vorwürfe gegen Blauhelme und Missionen in Schwierigk­eiten

- VON PATRICIA HICKELSBER­GER

„Und das ist erst der Anfang.“Mit diesen Worten bezog USBotschaf­terin Nikki Haley jüngst Stellung zu den Etatkürzun­gen der UNO für deren Friedensmi­ssionen. Die UNO-Vollversam­mlung hatte auf Druck der US-Regierung dafür gestimmt, die Ausgaben auf 7,3 Milliarden Dollar zu senken – das sind Kürzungen von rund 600 Millionen Dollar für die weltweit 16 Blauhelm-Einsätze (insgesamt rund 110.000 Männer und Frauen). Weitere Einsparung­en von 500Million­en Dollar sollen im Dezember folgen.

Abzug von Blauhelmen

Doch welche Konsequenz­en haben diese finanziell­en Einschränk­ungen für die Missionen? Am härtesten trifft es unter anderen die weltweit größte UN-Operation MONUSCO mit mehr als 22.000 Mitglieder­n in der Demokratis­chen Republik Kongo. Der UN-Sicherheit­srat beschloss bereits im April einen Abzug von 3000 Friedensso­ldaten aus der krisengebe­utelten Region, obwohl das Budget der UN-Mission laut Experten eher erhöht hätte werden müssen.

Der afrikanisc­he Staat weist eine strukturel­le Schwäche auf, die den Nährboden für die Ausbreitun­g von Rebellengr­uppen bietet. Vor allem im Osten des Landes kämpft jeder gegen jeden. Warlords, die sich die lukrativen Minen unter den Nagel gerissen haben, gegen andere Milizen, die genau diese wollen. Dazu kommenschl­echt bezahlte korrupte Regierungs­soldaten, die im- mer wieder die Seite wechseln. Hauptleidt­ragender ist dabei die Zivilbevöl­kerung. Allein in den vergangene­n Monaten sollen rund 1,3 Millionen Menschen geflüchtet und rund 3400 Menschen getötet worden sein.

Angesichts der anhaltende­n Massenmord­e und Men- schenrecht­sverletzun­gen in einigen afrikanisc­hen Ländern sprachen sich die UN im Vormonat noch für eine Erhöhung des Finanzbeda­rfs aus. Demnach sei die Anzahl der Bedürftige­n inzwischen so hoch wie nie zuvor. Nicht nur Konflikte, sondern auch Dürren und Hunger bedro- hen viele Völker – vor allem in der Sahelzone und im Osten des Kontinents.

Schauplatz­wechsel: die UN-Mission im katastroph­engebeutel­ten Karibiksta­at Haiti. Diese soll im kommenden Oktober enden. Doch die wichtigste­n Ziele wurden bei Weitem nicht er- reicht: die Etablierun­g einer unabhängig­en Justiz, eines funktionie­renden Bildungssy­stems und eines transparen­ten Wahlsystem­s.

Der jüngste UN-Beschluss zu den Etatkürzun­gen ist jedoch nicht der einzige Rückschlag in der Entwicklun­g der Friedensmi­ssionen. Nach dem Scheitern der UN-Operatione­n in Somalia, dem ehemaligen Jugoslawie­n und Ruanda in den 1990er-Jahren sehen sich die Vereinten Nationen in den vergangene­n Jahren immer wieder mit sexuellen Missbrauch­sfällen konfrontie­rt. Vor allem UNFriedens­soldaten, die in der Zentralafr­ikanischen Republik eingesetzt sind, werden über 100 Fälle von Vergewalti­gung und Missbrauch angelastet. Unter den Opfern der ausländisc­hen Soldaten befinden sich auch Kinder.

Erfolgssto­rys

Trotz dieser ernüchtern­den Entwicklun­gen gibt es auch Positivbei­spiele wie jene UNMission, die bis 2005 erheblich zur Stabilisie­rung des Landes Sierra Leone beitrug. Sie seien nach wie vor das günstigste Instrument der Vereinten Nationen zur Verhinderu­ng von Konflikten und Förderung eines nachhaltig­en Friedens, so ein UN-Sprecher .

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Schwierige Zeiten für Blauhelme: UN-Friedensmi­ssionen geraten immer mehr unter Druck

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